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Whale Watching in Húsavík – Mit einem alten Fischerboot fing alles an

Ein Buckelwal taucht in Sichtweite eines Bootes auf, bläst Wasser aus dem Luftloch, um kurz danach wieder abzutauchen. Die mächtige Schwanzflosse versinkt im Meer und es wird still. 

© Titelbild: Hreinn Hjartarson / Text: Sina Kaiser

Am Anfang standen zwei Brüder, ein altes Fischerboot und eine Vision von Nachhaltigkeit. Heute, fast 25 Jahre später, lebt man sie im isländischen Húsavík, diese Vision in all ihren Facetten. 

© North Sailing

Wer an Island denkt, der denkt an imposante Natur, Vulkane, Papageitaucher, Islandpferde und früher oder später natürlich auch an Wale. Die Riesen der Meere üben seit jeher eine große Faszination auf die Menschen aus. Im Norden Islands, vor Húsavík, finden die Wale eine gutes Futtergebiet vor und so kann man die Tiere hier besonders gut beobachten. In der Stadt, in der etwa 2.300 Einwohnern zuhause sind, ist ein Forschungszentrum der Universität ansässig, sowie ein Museum, in dem es einige Walskelette zu bestaunen und vor allem viel zu lernen gibt über diese Tiere. 

Doch natürlich zieht es auch zahlreiche Touristen in den Norden Islands, die alle ein Traum eint: den sanften Riesen einmal ganz nahe kommen. 

Nachhaltigkeit in all ihren Facetten

Als 1994 das alte Eichenboot Knörrinn ausrangiert werden sollte, kauften die Brüder Árni und Hörður es und retteten das Fischerboot vor der Entsorgung. Statt auf dem Müll zu landen, wurde es restauriert und sollte ein zweites Leben in der Tourismusbranche erhalten. Nach den ersten Tests und Walsichtungen startete North Sailing 1995 die ersten regulären Fahrten, um Interessierten unvergessliche Naturerlebnisse und Walbeobachtungen zu ermöglichen. Das funktionierte nicht nur, sondern lief so gut, dass man bald weitere alte eicherne Fischerboote restaurieren und die typisch isländischen Boote so erhalten konnte. 1998, als man das dritte Boot kaufte, baute man direkt am Húsavíker Hafen das „Gamli Baukur“, hinter dem sich heute der Ticketverkauf des Unternehmens und das „Café Hvalbakur“ befindet. Renoviert wurde mit Treibholz und man bezieht, wann immer möglich, Produkte aus der Region mit ein. 

© Nick Bondarev

In Húsavík legten die Brüder von Anfang an Wert darauf, nachhaltigen Tourismus zu fördern, lange bevor man überhaupt von Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit Tourismus sprach. Es ging ihnen ganz selbstverständlich darum, die eigene Kultur, Geschichte und Tradition zu erhalten, die Region zu stärken, die empfindliche Natur und die Tiere zu schützen und dennoch den Menschen, die mit einem Traum nach Húsavík kommen, ein unvergessliches Erlebnis zu bereiten.

Mittlerweile fahren bei North Sailing auf vielen verschiedenen Touren sechs dieser alten Fischerboote und vier Segelschiffe, darunter die 1951 in Deutschland gebaute Opal. Bis zu 150 erfahrene Mitarbeiter sorgen in den Sommermonaten für einen reibungslosen Ablauf. 

Silent Whale Watching — Zu Gast in der Welt der Wale

Der Erfolg verpflichtet auch und das nimmt man ernst. Die Regeln für den Umgang mit Walen sind streng und das Credo der Brüder ist, nie zu vergessen, dass man nur zu Gast ist in der Welt der Wale und sich auch dementsprechend zu verhalten. So wundert es nicht, dass North Sailing sich zum Ziel gesetzt hat, das verantwortungsbewusste Beobachten von Walen zu ermöglichen, gemäß den Regeln von IceWhale. Doch was bedeutet das? Das Erlebnis Walbeobachtung soll so gestaltet werden, dass die Auswirkungen auf die Wale auf ein Minimum reduziert, die Menschen für sie interessiert, sensibilisiert und für ihren Schutz motiviert werden, die Gemeinde aktiv in den Schutz mit einbezogen und, nicht zuletzt, es Forschern ermöglicht wird, wichtige wissenschaftliche Informationen zu sammeln. 

Vor fast fünf Jahren wurden dann die ersten Schiffe modernisiert, wobei die Opal einen elektrischen Hybridmotor erhielt und aus dem Eichenboot Andvari ein Elektroboot wurde, mit dem das „Silent Whale Watching“ angeboten wird — eine klimaneutrale Tour. Somit betreibt North Sailing als erstes Unternehmen überhaupt ein elektrisches Walbeobachtungsboot und auch den einzigen Segler, der zur Walbeobachtung eingesetzt wird. 

Forscher und Studenten aus der ganzen Welt befinden sich immer mit an Bord aller Walbeobachtungsfahrten, wenn sie in Húsavík sind. Der Austausch zwischen Forschern, Passagieren und Crew ist gewollt und kommt darüber hinaus gut an. Die Touren sind nicht nur nachhaltiger geworden für Umwelt und Tier, sondern auch für die Touristen, die dementsprechendes Feedback geben.

Die Geschichte geht weiter

2020 feiert das Unternehmen, das mit der Idee zweier Brüder und der Rettung eines alten Eichenboots begann, sein 25-jähriges Bestehen. Die North Sailing Familie ist mittlerweile angewachsen, einer der Brüder inkl. Frau, Kinder und Enkelkinder sind bis heute aktiv im Unternehmen. Als Kapitäne auf See ebenso wie hinter dem Schreibtisch. In Zukunft sollen, wenn möglich, noch weitere Schiffe umgerüstet werden.

© George the Explorer

Neben der „Carbon Neutral Silent Whale Watching“-Tour, die von Mai bis September angeboten wird, und weiteren Touren auf den Eichenbooten und Seglern, gibt es auch die Möglichkeit, von Hjalteyri aus auf Whale-Watching-Tour zu gehen. Von Húsavík aus kann man im Sommer Touren buchen, z.B. um Papageitaucher zu beobachten und vieles mehr. Zusätzlich bietet North Sailing im Sommer auch eine Grönland-Segeltörn an. Diese startet nach Flug von Reykjavík nach Constable Point in Ost-Grönland. Während der Wintermonate von Oktober bis April liegt die Opal, der Segler mit dem Hybridmotor, vor Reykjavík und bietet die „Sails, Lights & Winter Nights“-Tour an. In Húsavík selbst finden von Dezember bis Februar keine Touren statt. Im März geht es dann aber wieder los. Mit dabei ist, neben der North Sailing Familie, auch noch immer die Knörrinn — das Boot, mit dem alles begann.

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