Die Westküste Jütlands gilt vielen Touristen als die beliebteste Ferienregion – von Blåvand im Süden bis zur Jammerbucht im Norden – doch haben auch andere Landstriche in Jütland ihren Reiz und sind völlig zu Unrecht noch nicht bewusst auf der Dänemarks Landkarte potentieller Zielgebiete vieler Urlauber verzeichnet.
Eine solche Region ist das Vesthimmerland. Zu Nordjütland gehörend bietet dieser Landstrich 90 km Küste zum Limfjord. Kleine, kuschelige Häfen, schroffe Steilküsten, große Naturgebiete und ein reiches Kulturerbe prägen dieses Gebiet.
Fünf Orte, die man hier unbedingt gesehen haben sollte, sind:
ErTEBØLLE – SPEISERESTE MIT BEDEUTUNG
Der Strand von Ertebølle ist für alle Geologiefans ein Muss – an der 28m hohen Molersteilküste lassen sich tektonische und vulkanische Aktivitäten von vor 55 Mio Jahren ablesen. Und Versteinerungen kann man auch finden.
Nach Ertebølle ist darüber hinaus eine ganze Kultur benannt: die Ertebølle-Kultur, die zwischen 5100 v. Chr. und 4100 v. Chr. in Norddeutschland und Dänemark verbreitet war.
Hier am Limfjord stieß man auf einen riesigen Muschelhaufen, der neben unzähligen Speiseresten auch zahlreiche andere Hinterlassenschaften wie z.B. zerbrochene Werkzeuge enthielt. Er ist einer der größten prähistorischen Abfallhaufen Nordeuropas. Das sogenannte Køkkenmødding von Ertebølle war 140m lang, 20m breit und fast 2m hoch. Heute gibt es hier ein Steinzeitalterzentrum sowie eine rekonstruierte Siedlung.
VILSTED SØ – SÜßWASSER MIT ERHOLUNGSFAKTOR
Dieser renaturierte See ist mit einer Fläche von 450 ha der größte Süßwassersee Nordjütlands und ein tolles Gebiet für alle Naturliebhaber und Hobbyornithologen. Hier hat man sehr gute Chancen, viele verschiedene Vogelarten beobachten zu können.
Von dem eigens zu diesem Zweck errichteten Beobachtungsturm hat man einen guten Überblick, außerdem kann man sich hier informieren, welche Vögel schon im Gebiet gesichtet wurden – hierunter finden sich Kormorane, Fischadler, Bekkasinen, Falken, Fischreiher und auch Seeadler.
Der See kann auf angelegten Wegen komplett umwandert werden, eine 240 m lange Holzbrücke teilt den Wanderweg quasi in zwei Teilabschnitte. Im Spätsommer kann man hier die Sort Sol – die aus riesigen Schwärmen von Staren gebildete sogenannte „schwarze Sonne“ – beobachten.
Außerhalb der Brutzeit darf der See auch mit Kajaks befahren werden.
AGGERSBORG – AUSBLICK MIT WIKINGERN
Die Aggersborg ist die größte Wikingerfestung Dänemarks, und auch, wenn heute nur noch Erdwälle den Platz der ehemaligen Ringburg markieren, so sind die Ausmaße dieser Festung auch jetzt noch spürbar.
WIKINGERFESTUNG AN STRATEGISCH GÜNSTIGEM ORT
Ungefähr zwei Kilometer nördlich vom heutigen Løgstør, nördlich des Limfjords, ließ Harald Blåtand (Harald Blauzahn) die Aggersborg vermutlich in den Jahren 980-981 errichten.
Er wählte die schmalste Stelle des Limfjords. An dieser strategisch günstigen Position hatte er einen hervorragenden Blick über den Limfjord. Der Limfjord war bis ca. 1100 noch an beiden Seiten zu Nord – und Ostsee geöffnet und somit die wichtigste Verkehrsader in Ost-West-Richtung der Zeit. Mit ihrer Lage an einem der wichtigsten Heerwege durch Jütland, dem Ochsenweg, wurde ebenfalls die Nord-Süd-Richtung bedacht.
Welchen Zwecken die Aggersborg wie auch die vier anderen Burgen gleichen Typs in Dänemark dienten, ist noch immer umstritten.
Die vier weiteren Ringburgen sind Borrering auf Seeland, Fyrkat nahe der Stadt Hobro am Ende des Mariagerfjords, Nonnebakken in Odense und Trelleborg bei Slagelse.
Vermutlich aber ließ Harald die Burgen gegen die Bedrohung aus dem Süden errichten. Sie dienten also militärischen Zwecken. Der strategisch günstige Platz der Aggersborg war ebenfalls wohl kein Zufall – zum einen wurde sie wohl auf den Ruinen einer früheren Bebauung errichtet, deren Zweck nicht bekannt ist. Zum anderen hatte Harald hier einen perfekten Überblick und Kontrolle über die Schiffe, die hier passieren durften.
Die bisher bekannten Anlagen stammen aus der Regierungszeit Harald Blauzahns oder Sven Gabelbarts und folgen der gleichen Geometrie – es sind kreisförmige Anlagen, die ein Ringwall umgibt. Dieser weist vier Öffnungen auf, die miteinander durch zwei Wege verbunden sind und sich in der Mitte kreuzen. Die Wege verlaufen in Nord-Süd- bzw. Ost-West-Richtung. Innerhalb dieser vier Teile standen je 3 Karrées aus jeweils vier Häusern – innerhalb des Walls standen also 48 Langhäuser, jedes 32 m lang. Bei der Anzahl von Langhäusern kann man mit ungefähr 5000 Mann rechnen, die sich hier in der Aggersborg aufgehalten haben. Bei den Ausgrabungen der Burg kamen viele Fundstücke zutage: Perlen aus Bergkristall, Teile von Glaskannen und auch ein Goldarmreif, dessen Kopie in der kleinen Ausstellung zu sehen ist.
Ein kleines Museum in der Nähe des Erdwalls und der in unmittelbarer Nähe gelegenen Aggersborg Kirke berichtet von Ausgrabungsfunden sowie dem Leben in der Aggersborg. Außerdem sollte man es nicht versäumen, sich die sehr gut gemachte, kostenlose App des Vesthimmerland Museums auf sein Handy zu laden. Mit ihr kann man – wenn auch nur auf dem Display des Handys – erleben, wie die Ringburg ausgesehen haben mag und Geschichte wird zumindest ein bisschen lebendig.
LØGSTØR – HAFEN mit KULTUR
Die ca. 4200 Einwohner zählende Stadt Løgstør liegt direkt am Løgstør Bredning, dem größten Fahrwasser des Limfjords. Hafen und das Areal entlang des Kanals sowie die kleinen, gemütlichen Gassen im Stadtkern machen Løgstør zu einem sehr lohnenswerten Ziel, sowohl für Tagestouristen als auch für Urlauber, die längere Zeit hier bleiben möchten.
Besonders sehenswert sind neben der besonderen Atmosphäre sowie vielen Veranstaltungen in den Sommermonaten der Frederik VII Kanal und das Limfjordmuseum.
Der Kanal, der auch Løgstør Kanal genannt wird, wurde in den Jahren 1856 – 1861 angelegt. Durch ihn sollte die Schiffspassage zwischen Aggersund und Løgstør Bredning im Limfjord erleichtert werden.
Der Kanal führt von Løgstør nach Lendrup. Die größte Strecke davon verläuft parallel zur Küste. An dieser 4,4 km langen, 25 m breiten und 3 m tiefen Wasserstraße arbeiteten 400 Männer ganze 5 Jahre lang bis König Frederik VII sie feierlich eröffnete.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts durchfuhren fast 3000 Schiffe die Wasserstraße. Viele durchfuhren ihn durch eigene Kraft, einige wurden aber auch von Pferden, die auf den beidseits des Kanal angelegten Wegen liefen, gezogen.
Der Frederik VII Kanal war bis 1913 in Benutzung, verlor aber mehr und mehr an Bedeutung seit 1901 eine 3,5 m tiefe Fahrrinne durch die Untiefen bei Løgstør – den sogenannten Løgstør Grunde – gegraben wurde.
Bewundern kann man hier auch die älteste funktionierende Drehbrücke Dänemarks: Die 25t schwere Drehbrücke über den Kanal in Løgstør . Sie wurde 1998 komplett restauriert und wird in den Sommermonaten zu bestimmten Terminen als Touristenattraktion geöffnet.
Das Limfjordmuseum ist im alten Haus des Kanalvogts von 1863 untergebracht. Es berichtet unter anderem über die Geschichte des Kanals berichtet. Das Museum bietet außerdem Bootstouren auf dem Kanal an.
Das Museum liegt direkt am Frederik VII‘s Kanal. Eine Ausstellung zur Seefahrt – Fähr- und Schifffahrtsrouten sowie Navigation auf dem Limfjord, außerdem die Geschichte des Kanalbaus – findet man im ehemaligen Haus des Kanalvogts.
In der im Jahre 2008 hinzugekommenen Ausstellungshalle auf der gegenüberliegenden Seite des Kanals gibt es vor allem Ausstellungsstücke zum Thema Fischfang zu sehen – es sind verschiedene Boote ausgestellt und eine kleine Fischerhütte. Außerdem gibt es kleine Aquarien, ein Streichelbecken und eine Ausstellung, die über das Leben am Limfjord heute informiert.
LIVØ – NATURIDYLL MIT GESCHICHTE
Wer echte Ruhe sucht, sollte sich die Insel Livø nicht entgehen lassen. Ab Rønbjerg erreicht man die autofreie Insel in einer halben Stunden und vielleicht hat man Glück und sieht schon auf der Überfahrt ein paar Seehunde.
Die Insel ist nicht sehr groß und kann gut an einem Tag um- bzw. erwandert werden. Ökologische Landwirtschaft, Heide und Wälder prägen die Landschaft der Insel, auf der Robben und Damwild zuhause sind.
Beim einzigen Inselkaufmann kann man sich nach einem Wandertag stärken.
Sehr interessant ist die besondere Geschichte der Insel, auf die auf einigen Schildern aufmerksam gemacht wird. Auch die alten Gebäude der ehemaligen Kellerschen Anstalt erinnern noch an diese Zeit. Jussi Adler-Olsen Fans werden ihre wahre Freude haben.
Kommentieren