Paddeltouren auf der Ostsee
Schären gibt es in Schweden reichlich, unsere Wahl fiel auf die in Blekinge an der Südküste von Schweden. Der von uns zuerst angedachte Campingplatz Dragsö in Karlskrona war allerdings laut telefonischer Auskunft komplett ausgebucht, so dass wir uns für den auf der Insel Sturkö entschieden haben. Wie sich nur wenig später herausstellen sollte eine mehr als gute Wahl.
Trotz Hauptsaison war der Platz alles andere als überlaufen – insbesondere Stellplätze etwas weiter vom Wasser entfernt waren noch reichlich frei. Für uns fand sich aber noch ein Stellplatz fast direkt am Strand, auf dem wir unseren Wohnwagen installieren und die Boote abladen konnten. Die einzelnen Stellflächen sind durch Hecken mehrfach unterteilt, so dass der Platz auch nicht übermäßig groß wirkt, obwohl er mit insgesamt 200 Stellplätzen nicht gerade klein ist. Viele schwedische Familien machen hier Urlaub, deutsche Touristen sind eher die Ausnahme. Erstaunlicherweise haben wir während unseres Aufenthalts keine weiteren Paddler auf dem Platz angetroffen.
Neben Paddeln sind hier auch eine Reihe weiterer Freizeitaktivitäten möglich; der Campingplatz verfügt neben einem schönen Sandstrand über einen Kinderspielplatz direkt am Strand, einem interessant angelegten Minigolfplatz und über reichlich Rasenflächen für diverse Ballspiele und ähnliches. Langweilig werden muss einem also wirklich nicht.
Als erstes Ziel für eine Tagestour haben wir uns den Campingplatz auf den Nachbarinsel Senoren ausgeguckt. Wir paddeln erst einmal in nordwestlicher Richtung um die Landzunge Ekenäs herum und dann in der folgenden Bucht immer relativ dicht am Ufer entlang. Obacht geben muss man hier nur vor einigen nur wenig über die Wasseroberfläche ragenden Steinen – aber diese ‚Probleme‘ hat man eigentlich fast überall in Schweden. Das sind halt die Nachwirkungen der letzten Eiszeit. Theoretisch könnte man im kleinen Örtchen Ryd noch anlegen und beim Bäcker Einkäufe tätigen. Wir paddeln aber weiter am Ufer entlang.
Wenig später kommen wir an der Ortschaft Skällenäs vorbei, vor der einige hölzerne Schwimmplattformen im Wasser verankert sind – die Dorfjugend vergnügt sich hier lautstark damit, sich gegenseitig ins Wasser zu schubsen. Ihren Reaktionen entnehmen wir, dass hier nicht allzu oft Paddler vorbeikommen. Weiter geht es zwischen den kleinen Inseln Västra und Östra Skällö hindurch auf die größere Insel Senoren und den dort gelegenen Campingplatz zu, den wir uns als Ziel unserer Tagestour auserkoren haben. Ein Steg in für uns perfekter Höhe erleichtert das Anlegen und Aussteigen. Die Boote lassen wir seitlich am schmalen Strand liegen und besichtigen erst einmal den Platz. An der Minirezeption gibt es Eis zu kaufen, was bei den aktuellen Temperaturen nicht schlecht ist. Neben diversen Stellplätzen für Zelter und Wohnwagen kann man auch Hütten mieten und Unterkunft in einer Art Jugendherberge finden.
Nach einem ausgiebigen Picknick an einer der am Strand vorhandenen hölzernen Sitzgruppen, geht es auf dem Wasserweg wieder zurück zu „unserem“ Platz – allerdings auf etwas direkterem Weg.
Zwei Tage später sollte eine größere Tour folgen, als Ziel hatten wir uns Karlskrona ausgesucht, und dort das Marinemuseum. Wir waren zwar vorher schon dort gewesen, aber auf dem deutlich längeren Landweg – mit dem Auto muss man halt die diversen Brücken nutzen, und das dauert eben.
Der erste Teil dieser Tour entsprach dem unserer kurzen Runde nach Senoren, erst einmal Richtung Norden, dann aber links. An der Nordspitze ‚unserer‘ Insel Sturkö haben wir die Brücke nach Senoren unterquert und waren überrascht, wie windig es hier ist. Mit unseren Kajaks war es aber unproblematisch zu paddeln, offene Canadier sind hier aber fehl am Platz. Auf dem Wasser war absolut nichts los, außer uns war nur in weiter Ferne ein Fischerboot zu sehen. Nicht weiter erstaunlich, da direkt an der Brücke zwischen Sturkö und Senoren ein kleiner Fischereihafen liegt. Auch die Querung zwischen Sturkö und der nächsten Insel in westlicher Richtung – Tjurkö – war problemlos, ebenso der weitere Weg zur Insel Drottningskär.
An der Nordseite von Drottningskär angekommen, brauchten wir bloß noch strikt nördlich auf Karlskrona zuhalten. Hier wurde uns auch bewusst, dass Karlskrona in früheren Zeiten der wohl größte Marienstützpunkt Schwedens war (und immer noch ist?) – an einer der auf einer winzigen Schäre liegenden Verteidigungsbastion sind wir direkt vorbeigepaddelt; und davon waren in der Ferne noch diverse weitere zu erkennen. Angreifern dürfte es also schwer gefallen sein, bis nach Karlskrona selbst vorzudringen.
Wohl noch in den 1980er Jahren hat es ein U-Boot aus der damaligen Sowjetunion versucht und ist gescheitert – zumindest war einer Broschüre der Touristinformation zu entnehmen, das damals ein U-Boot unter Wasser auf einen Felsen aufgelaufen ist. Die Navigation in den Schären ist offenbar alles andere als einfach.
Beobachtung durch die schwedische Marine
Diese Probleme hatten wir nicht, dafür mussten wir dann allerdings vor Karlskrona wegen der Wellen wieder einen Umweg nehmen und direkt vor der Einfahrt des heutigen Marinehafens entlang paddeln. Dabei wurden wir per Fernglas intensiv von der schwedischen Marine beobachtet – vielleicht waren wir denen doch etwas zu nahe gekommen. Man muss dabei schließlich berücksichtigen, dass die Schären von Blekinge bis Mitte der 1990er-Jahre für Ausländer komplett gesperrt waren. Wir hätten hier also weder campen noch paddeln können. Vielleicht erklärt sich daraus auch, dass dieses kleine aber feine Paddelgebiet in Deutschland noch kaum bekannt ist.
Nur ein paar Paddelschläge weiter waren wir an unserem Ziel und konnten direkt gegenüber dem Marinemuseum unser Boot aus dem Wasser ziehen und uns erst einmal stärken. Pflicht war dann natürlich noch der Besuch des absolut interessanten Marinemuseums.
Besuch im modernen Marinemuseum
Neben einer beeindruckenden Sammlung gigantischer Gallionsfiguren und einer Vielzahl von Schiffsmodellen und Informationen zur Geschichte der schwedischen Marine ist vor allem auch der Unterwassertunnel hervorzuheben. Das Marinemuseum wurde nämlich auf Stelzen über einem Wrack erbaut – und man hat die Möglichkeit, durch einen verglasten Tunnel unter Wasser sozusagen über den Meeresgrund zu gehen und sich dieses Wrack anzusehen!
Für den Rückweg konnten wir uns den ansonsten in den Schären regelmäßig erforderlichen Blick in die Karte ersparen – die hohe Bogenbrücke zwischen den Inseln Senoren und Sturkö war auch aus diversen Kilometern Entfernung nicht zu übersehen und als Landmarke ausgezeichnet zu verwenden. Kurz vor dieser Brücke haben wir dann in einer kleinen Bucht auch die ersten anderen Paddler überhaupt gesehen – ein Vater in seinem schnittigen Seekajak und sein vielleicht 8 oder 9 Jahre alter Sohn in einem ebenfalls schnittigen Kinderseekajak.
Unter der Brücke hindurch und dann rechts herum, das war jetzt unser Kurs zurück zum Campingplatz, den wir nach wenigen Kilometern dann doch recht geschafft erreicht haben. Insgesamt 36 Kilometer bei teils heftigem Wellengang und viel Wind sind ziemlich anstrengend.
Auch einige weitere kürze Paddeltouren in der Nähe des Campingplatzes haben uns gezeigt: die Schären vor Karlskrona sind ein zwar kleines, aber trotzdem sehr attraktives Paddelrevier. Und den Campingplatz auf Sturkö haben wir in unsere Topp-Ten-Liste für Schweden aufgenommen.
Vorteil ist auch, dass bei eventuellem schlechten Wetter durch die Nähe zu Karlskrona Alternativen zur Verfügung stehen – neben dem Marinemuseum gibt es noch eine Vielzahl weiterer interessanter Gebäude zu sehen. So z.B. die hölzerne Admiralitätskirche mit dem ‚ollen Rosenboom‘ davor – angeblich kommt man immer wieder nach Karlskrona zurück, wenn man ihn mit Münzen füttert.
Nützliche Infos
Allgemeine Informationen über Schweden:
Viele allgemeine und spezielle Tipps für Schweden sind auf der offiziellen Internetseite der schwedischen Touristinformation (www.visitsweden.com) zu finden – dort können auch eine Vielzahl von Informationsbroschüren bestellt werden. In der Regel erhält man auch in den regionalen Touristinformationen sehr gutes Informationsmaterial, so auch in Karlskrona – außerdem gibt es direkt nebenan das m.E. beste (und auch noch günstigste) Eiscafé Schwedens!
Besonderheiten der südschwedischen Schären
Wie in den Schären üblich ist es unabdingbar, sich an Hand von Karten ständig über den eigenen Standort auf dem Laufenden zu halten – man verliert ansonsten extrem schnell den Überblick und weiß schnell nicht mehr, wo man denn überhaupt ist. Eine gute Bootsbeherrschung und Erfahrung mit regem Schiffsverkehr sollte daher vorhanden sein; eine Schwimmweste wird dringend empfohlen und soll in Schweden auch vorgeschrieben sein (wohl vor allem wegen der vielen Paddelnovizen auf den Binnenseen).
Bootsmaterial
In Anbetracht der teilweise großen Wasserflächen sind Canadier m.E. kaum geeignet; wenn überhaupt nur bei sehr guten Wetterbedingungen und in geschützten Bereichen. Optimal sind abgeschottete (See-)Kajaks.
Karten
Seekarten sind teuer und für Paddler eher weniger zu gebrauchen, besser sind die in jedem Buchladen erhältlichen topographischen Karten im Maßsab 1:50.000 (Gröna Kartan). Leider ist das relativ kleine Gebiet der Schären von Blekinge ungünstig auf 2 Blätter verteilt. Wir haben für unsere Paddeltouren (bei allerdings guten Wetterbedingungen) die kostenlos in der Touristinformation von Karlskrona (und auf den meisten Campingplätzen) erhältlichen Karten verwendet. Neben einer Übersichtskarte im Maßstab 1:75.000 sind sehr gute Detailkarten in unterschiedlichen Maßstäben zu den einzelnen Inseln zu bekommen. Diese Karten haben sich für uns als ausreichend erwiesen.
Campingplätze
Sturkö-Camping auf der Insel Sturkö (www.caravanclub.se/camping/sturko/)
Dragsö-Camping in Karlskrona (www.dragsocamping.se)
Senoren-Camping auf der Insel Senoren – auf dem gleichen Gelände gibt es auch eine Jugendherberge (www.kustgardensenoren.se/de/)
Stenbracka auf der Insel Tjurkö (www.stenbracka.se)
Weitere Plätze siehe www.camping.se
Reiseführer (subjektive Auswahl):
Südschweden von Sabine Gorsemann, Michael-Müller-Verlag, ISBN 978-3966851589
Schweden von Gerhard Austrup und Ulrich Quack, Iwanowski Verlag, ISBN 978-3861972488
Gebrauchsanweisung für Schweden von Antje Rávik Strubel, Piper Taschenbuch, ISBN 978-3492277617
Weitere Informationen
Reichlich Tipps für Paddler und Tourenbeschreibungen gibt es auf der Internetseite www.kanotguiden.se.
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