Norwegen ist durchaus zu Recht bei Paddlern eher für Wildwasser- oder Seekajaktouren bekannt und beliebt. Für Wanderpaddler, Familien oder andere ‚Normalos‘ ist das Angebot an zu paddelnden Strecken eher überschaubar. Einige Seen in der Nähe der Grenze zu Schweden und vor allem der Telemarkkanal gehören dazu. Insbesondere der Telemarkkanal (im Gegensatz zu seinem Namen besteht er zum weit überwiegenden Teil aus natürlichen Gewässern) ist auch in Deutschland als Paddelrevier bekannt.
Bei unserer Urlaubsplanung stand mehr die Erkundung der Fjorde und die damit verbundenen Wandertouren im Vordergrund, Paddeltouren sollten nur ausnahmsweise Bestandteil sein. Auf das Mitnehmen eigener Boote haben wir damit verzichtet (Höhenbegrenzung auf der Fähre bzw. die Frage, ob es sich überhaupt lohnt, für einzelne Paddeltouren diesen Aufwand zu treiben), aber nach unseren bisherigen Erfahrungen verleiht in Skandinavien eigentlich jeder Campingplatz an einem halbwegs geeigneten Gewässer auf jeden Fall Canadier; Kajaks sind allerdings nur selten im Angebot.
Geplant war damit eigentlich, dass auf dem Rückweg aus den Fjorden an einem der Seen im Setestal für einige Tage Station gemacht werden und dort auch zumindest eine Paddeltour gemacht werden sollte. Aber wie so oft, gibt es eine Planung und die damit nicht immer übereinstimmende reale Umsetzung. Letztendlich sind wir am Ogge gelandet. Ein See, von dem ich vorher nie gehört und den ich dementsprechend auch nicht auf dem Plan hatte.
Unbekannter Ogge
Dieser See liegt nur rund 40 km nördlich des Fährhafens Kristiansand und lässt sich damit hervorragend am Anfang oder am Ende in eine Norwegentour integrieren. Der Ogge ist zwar nur rund 20 km lang, hat aber laut Gewässerkarte eine Küstenlinie von ca. 70 km und mehr als 300 kleine und kleinste Inseln. Nur in Teilbereichen sind Häuser – meist eher Ferienhäuser – vorhanden, es gibt also genügend Rast- und Zeltmöglichkeiten und der See ist bis auf wenige kleinere Angelkähne mit Außenborder fast vollständig motorbootfrei.
Für Tagestouren oder eine kleine Gepäckfahrt über zwei bis drei Tage reicht das allemal.
Einen Campingplatz inkl. Kanuverleih gibt es am Westufer des Ogge nördlich des kleinen Örtchens Vattneström. Beides gehört zum Restaurant Ogge Gjesteheim (www.ogge.no) und kann als recht beschaulich betrachtet werden. Der Campingplatz bietet Raum für vielleicht 10 bis 15 Zelte oder Wohnwagen und einige wenige Hütten sowie der Kanuverleih zwei Dutzend Canadier aus Alu bzw. Kunststoff. Die Sanitäranlagen sind sehr einfach, der Platz (und auch die Bootsmieten) ist dafür aber sehr günstig und selbst in der Hauptsaison war es alles andere als voll. An der Rezeption kann man auch eine Gewässerkarte im Maßstab 1:25.000 kaufen bzw. bekommt sie bei einer Bootsmiete leihweise dazu. Bei der Bootsmiete haben wir uns für einen Aluminiumcanadier Inkas von Linder entschieden, die in ganz Skandinavien die Vermietflotten dominieren. Wie wir im Nachhinein feststellen konnten, nicht die schlechteste Wahl, robust, ziemlich kippstabil und dabei trotzdem relativ flott zu paddeln.
Kaum touristische Infrastruktur, aber mehrere Kanurastplätze
Mehr Infrastruktur für Urlauber gibt es nicht und damit kann man das Gebiet im Gegensatz zu einigen anderen Paddelrevieren in Skandinavien wirklich nicht als überlaufen betrachten. Fakt ist, dass wir während unserer gesamten Paddeltour keinen anderen Paddlern begegnet sind. Auch in diversen Reise- und Kanuführern findet der Ogge – wenn überhaupt – nur am äußersten Rand Erwähnung, so dass wir ihn schon fast als Geheimtipp einstufen.
Wir haben uns auf eine Tagestour beschränkt und dabei trotz einer Tourenlänge von 15 km nicht einmal ein Viertel des Ogge befahren – der See reicht also tatsächlich auch für kurze Gepäckfahrten aus. Wir konnten bei unserer Tour auch feststellen, dass es zwar eine Reihe sehr schöner und toll gelegener Ferienhäuser gibt, genauso aber eine Vielzahl möglicher Rast- und Zeltmöglichkeiten. Zumindest im nördlichen Teil des Ogge haben wir sogar einige mit Schildern gekennzeichnete Kanurastplätze gesehen; auf der Gewässerkarte des Ogge sind diese allerdings erstaunlicherweise nicht eingezeichnet. Der weit überwiegende Teil der Ufer ist jedenfalls nicht bebaut und damit wie in Norwegen üblich frei zugänglich.
Verfahren leicht gemacht
Durch die vielen Buchten und Inseln sind die Wasserflächen des Ogge relativ überschaubar und nicht so windanfällig wie auf vielen anderen Gewässern und damit auch für Anfänger gut befahrbar. Dafür sollte man aber anhand der Karte immer nachvollziehen, wo man gerade ist. Ansonsten verliert man leicht den Überblick und verfährt sich.
Eine langgezogene Bucht des Ogge reicht bis zum kleinen Örtchen Vattneström, in dem es einen kleinen Lebensmittelmarkt gibt. Man kann also sogar während einer Gepäckfahrt seine Vorräte problemlos ergänzen.
Fazit aus unserer Sicht: bei Fahrten nach Norwegen über den Fährhafen Kristiansand bietet der Ogge für ein paar Tage eine interessante und vor allem durch die geringe Frequentierung sinnvolle Alternative zu anderen Paddelrevieren; hier lässt sich am Anfang oder am Ende eines Urlaubs in Südnorwegen problemlos eine Paddeltour integrieren.
Nützliche Infos
Adresse:
Fredheimsveien 20, 4730 Vatnestrøm, Norwegen
Anfahrt:
Von der Straße 405 nördlich von Vatnestrøm ist der Abzweig ausgeschildert
Allgemeine Informationen:
Reiseführer:
Norwegen von Armin Tima, Michael-Müller-Verlag, ISBN 978-3966850773
Norwegen von Michael Möbius, Stefan-Loose-Verlag, ISBN 978-3770166374
und viele andere.
Kommentieren