Leidenschaftlich, wild und temperamentvoll, aber auch zart, poetisch und feinfühlig: Das finnische „Vocal Hop“-Ensemble Tuuletar beweist auf seinem zweiten Album „Rajatila/Borderline“ erneut seine Vielseitigkeit. Die vier Vokalartistinnen aus Helsinki, die sich nach der finnischen Windgöttin benannt haben, entschieden sich beim Zweitling für keinen Geringeren als Pekko Käppi für die Rolle des Produzenten. Eine gute Wahl! Denn der Grenzgänger Käppi gilt im Land der tausend Seen als einer der aufregendsten Akteure der aktuellen Folkmusik und hat maßgeblich zur Wiederentdeckung der historischen Leier Jouhikko beigetragen. Ein braver Traditionalist ist Käppi jedenfalls nicht und passt somit bestens ins künstlerische Konzept der Tuuletar-Frauen. Als weiteren hochrangigen Gast auf dem Album konnten die Musikerinnen den bekannten finnischen Akkordeonisten Antti Paalanen gewinnen.
Titelbild und Bilder im Text: © Katariina Salmi
Experimentierfreudig im besten Sinne des Wortes zeigen sich Tuuletar hier: Langweilig wird es jedenfalls nicht! Im wilden Track „Aika Tapaa“ (Time Kills) experimentieren die Sängerinnen so gekonnt mit rappendem Sprechgesang, dass selbst die wildesten Hip-Hop-Straßenkids beeindruckt sein dürften. Berührungsängste vor moderner Technik haben Tuuletar ohnehin nicht: Dass relaxte, mit elektronischen Beats unterlegte „Akanilma“ (Thunderine) dürfte problemlos zu später Stunde zum Chill-Out eingesetzt werden. Die Sängerinnen können aber auch anders, nämlich klassisch, wie im zarten „Kun On Van Päivi“ (There Is Only One Day). Den verhuschten Kammerpop beherrschen diese Damen natürlich auch, wie sie mit „Hälytstila“ (Panic-Stricken) beweisen: Fast wähnt man sich hier im isländischen Feenland!
Tatsächlich aber hat „Rajatila“ einen durchaus ernsten Hintergrund.
„Rajatila / Borderline“ ist ein umfangreiches künstlerisches Werk, das an der Grenze von Leben und Tod verweilt und wandert. Die Grenzen des menschlichen Geistes, Körpers und der Seele werden auf die Spitze getrieben und sowohl körperliche als auch emotionale Schmerzen werden unter ein kreatives Mikroskop gelegt. Die musikalischen Konturen verkörpern menschliche Stimmen mit all ihren Grenzen und Erweiterungen. Die Themen und der künstlerische Rahmen sind stark von alten Volksmärchen beeinflusst, aber die Geschichten sind brennend, zeitgemäß und sehr real. Im Kern des Ganzen steht der Mensch – als körperliches, fühlendes, nacktes und zerbrechliches Ganzes“, schreiben Tuuletar als Kommentar zum neuen Album.
Live sind Sini Koskelainen, Johanna Kyykoski, Piia Säilynoja und Venla Ilona Blom eine stimmliche Naturgewalt: 2015 haben sie beim österreichischen „Vokal Total“-Wettbewerb in Graz als völlig Unbekannte den prestigeträchtigen Publikumspreis gewonnen. Tuuletar haben bereits drei größere Tourneen durch Asien absolviert und sind auf zahlreichen namhaften europäischen Festivals wie dem Nürnberger Bardentreffen aufgetreten. Das Debütalbum „Tules Maas Vedes Taivaal“ wurde in Finnland auf Anhieb als bestes „Ethno“-Album des Jahres ausgezeichnet. Der Track „Alku“ schaffte es sogar in den Werbetrailer für die siebte Staffel von „Game Of Thrones!“
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