Læsø ist die größte Insel im Kattegat und darf sich angeblich über die meisten Sonnenstunden pro Jahr in Dänemark freuen. Gleichzeitig zählt sie zu den Gebieten mit dem geringsten Niederschlag in Dänemark. Perfekt also, um der oft nassen Kühle auf dem Festland zu entfliehen und einen herrlichen Tag zu erleben!
Schon auf der Fähre ist ein Hauch der Ruhe, die Læsø ausstrahlt, zu bemerken: Es ist erstaunlich leise auf der Fähre.
Es gibt sogar zwei Aufenthaltsbereiche, in denen ausdrücklich zur Ruhe aufgefordert wird. Die Menschen sitzen schweigend in den bequemen Sesseln. Einige von ihnen sind vertieft in den prachtvollen Ausblick auf eine spiegelglatte Ostsee. Der Anblick, dass nicht alle Passagiere hektisch über einen bläulich leuchtenden Bildschirm wischen, erscheint inzwischen ungewöhnlich.
Kaum wahrnehmbar brummen die Motoren auf die immer näher kommende Insel zu.
Læsø – Insel der Ruhe
Einen Ausflug auf Læsø zu machen, ist wirklich unkompliziert. In Frederikshavn legen täglich ab kurz vor 8 Uhr morgens mehrere Fähren ab und die Überfahrt dauert nur 90 Minuten. Im Sommer geht um 18:40 Uhr das letzte Schiff zurück zum Festland. Es bleibt genug Zeit, um die Insel mit Gratisbussen, mit dem Fahrrad oder mit dem eigenen Auto zu erkunden. Günstige Karten kann man auf der Fähre kaufen.
Wir reihen uns nach dem Verlassen die Fähre bei Vesterø Havn bewusst nicht in die Autoschlange in Richtung Byrum ein. Wir möchten zuerst die einzigartige Natur der Insel erkunden und fahren zur Læsø Klitplantage. Eine schmale Straße führt uns durch ausgedehnte Birken- und Kiefernwälder.
Wir öffnen die Fenster, um den Geruch des Waldes in unser Auto zu lassen. Es begegnet uns kein Mensch und darum bleiben wir mehrmals auf der Straße stehen und steigen aus, um einfach nur zu lauschen.
Unsere innere Zeit bleibt stehen. Stille umarmt uns.
Junge Sonneninsel in der Ostsee
Læsø ist nicht nur geografisch betrachtet sehr jung. Vor etwa 4000- 5000 Jahren erhob sich die Insel aus dem Meer und wächst seither pro Jahr etwa 20 Hektar.
Um Christi Geburt war Læsø noch unbewohnt und ein erster Hafen wurde erst im Jahr 640 errichtet. Doch mit der Entdeckung reicher Salzquellen im 12. Jahrhundert setzte eine starke Besiedelung ein. Zur Salzgewinnung rodete man den ursprünglichen Baumbestand und es entstanden große Weiten und Wanderdünen. Mitte des 20. Jahrhunderts begann man mit der Wiederaufforstung und daher sind heute die meisten Bäume auf der Insel unter 100 Jahre alt.
Heide und Tang
Die Stille im Wald übertönt alles und wir fahren weiter zum Storedal. Wir wollen über Heide laufen und uns den berühmten Tang aus der Nähe ansehen.
Der Weg zum Strand führt uns durch ein sumpfig wildes Birkenwäldchen.
An der Brandung liegen viele braune Tangbüschel, die die Bewohner der Insel für die berühmten Dächer verwenden. Wir versuchen, die auf der Fähre gezeigte Verarbeitung des Tangs zu verstehen.
Nach einem kurzen Spaziergang in der Sonne sind wir neugierig auf die berühmten Tanghäuser Læsøs geworden. Wir beschließen, dazu die in der cykel- og oplevelseskort (ebenfalls auf der Fähre erhältlich) ausgewiesene Fahrradroute in Læsø Øst nachzufahren. Die Route führt durch eine wunderschöne Umgebung, in der sich ein paar besonders hübsche Tanghäuser befinden. Die etwa 10 Kilometer lange Tour durch Østerby Havn sollte man mitetwas mehr Zeit im Gepäck durchaus einmal machen!
Die Tanghäuser der Frauen
Læsø ist der einzige Ort der Welt, an dem man die Tradition, Dächer mit Tang zu decken, bewahren konnte. Dazu wurde der getrocknete Tang gedreht und schließlich in die Dachlatten eingeknotet. Durch Stampfen und durch Anwachsen der aufgelegten Torfsoden erreichte man eine Verfestigung.
Diese schwere Arbeit wurde meist von Frauen verrichtet, da die Männer meist zur See waren. Sie waren es auch, die die Häuser aus Treibholz und dem, was ihnen die Insel bieten konnte, gebaut hatten und sich um die Bewirtschaftung des Guts kümmern mussten. So tragen die Tanghäuser heute nicht aus romantischen Gründen Namen wie „Hedvigs Hus“ oder „Andrines Hus“, sondern weil es tatsächlich die Häuser der Frauen waren, die sie an ihre Töchter weiter vererbten.
Nachdem das Wissen um diese Baukunst allmählich vergessen und der Tangertrag wegen einer Pflanzenkrankheit rückläufig war, standen viele der oft hunderte von Jahre alten Tanghäuser vor dem Verfall. 2008 begann man mit der Renovierung der ersten von ihnen und fasste den Beschluss, das damit verbundene Wissen zu erhalten.
Und darum können wir uns heute über ein herrliches Kulturerbe auf Læsø freuen, das zu den sieben Wundern Nordjütlands gerechnet wird:
Bløden Hale – die Schönheit der Veränderung
Von Østerby Havn aus gelangt man zu Bløden Hale. Nichts ist dort dauerhaft.
Leise, doch fortwährend formt die Ostsee beim weichen Schweif eine lange, schmale Küstenzunge, von der aus man einen Blick auf die gesamte Insel hat. Die Schönheit von Bløden Hale liegt in der Veränderung selbst. Jeder Besucher erlebt dort seine eigene Momentaufnahme der Natur. Und unsere sieht so aus:
Sehenswürdigkeiten auf Læsø
Die Wege auf Læsø sind kurz und so schaffen wir es an diesem Tag, auch die bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Insel zu besuchen: den Lynggård, besser bekannt als Museumsgård, und die Salzsiederei.
Lynggård
Das 1938 zum Museumshof eingerichtete Gut war seit 1631 im Besitz ein und derselben, eher wohlhabenden Familie. Erst seit dem Tod der letzten Bewohnerin Sine Krogbæk im Jahr 1949 wird er nicht mehr bewohnt. Ihre letzten Jahre verbrachte Sine als lebendes Museumsinventar, das es gewohnt war, im Alkoven zu schlafen und sein Essen am offenen Herd zuzubereiten.
Das Museum gibt uns Einblicke in ein raues Leben auf der Insel, die sich selbst den Beinamen „Insel der Frauen“ gibt.
Der Wind rüttelt an den Fenstern und untermalt so das schaurig schöne Gefühl, sich in einer anderen Zeit umzusehen.
Salzsiederei
Als wir bei der Salzsiederei ankommen, ist diese leider bereits geschlossen. Doch wir können uns trotzdem ausgiebig umsehen. Die Schornsteine rauchen noch und aus den Siedehütten dringt eine schwere Wärme nach draußen.
Durch gewebte Weidenwände erhaschen wir einen Blick auf die Wasserbecken, in denen das Salz nach ursprünglichen Methoden aus dem Mittelalter als Touristenattraktion gewonnen wird. Læsøsalz erfreut sich auch auf dem Festland großer Beliebtheit und wird gerne als weißes Gold bezeichnet. In kleine Leinensäckchen verpackt ist es heute zu einem Markenzeichen für hohe Qualität geworden.
Wir erkunden das Gelände, probieren ein wenig von den Siederückständen, die neben einem kleinen Bäumchen aufgeschüttet sind und klettern auf den Holzturm, der uns einen fabelhaften Ausblick auf die Salzwiesen ermöglicht.
Als das Licht weich zu werden beginnt, verstehen wir die Bedeutung von „Einmal Læsø – immer Læsø“ und knipsen das uns liebste Bild des Tages:
Einmal Læsø – immer Læsø
Die bis zur Abfahrt verbleibende Stunde verbringen wir mit ziellosem Herumgucken, was sich aber als sehr effektiv heraus stellt. Wir entdecken die Byrum Kirke, erleben einen prachtvollen Sonnenuntergang an der Ostsee und verlieben uns in den putzigen Hafen von Vesterø Havn.
In der Kürze der Zeit einen kleinen, aber feinen Eindruck von der Insel bekommen.
Doch was wir gesehen haben, reicht uns auf jeden Fall zu dem einstimmigen Beschluss, mindestens einen weiteren Ausflug dorthin machen zu wollen. Schließlich haben wir vergessen, die Ameisen auf Læsø zu probieren! Aber das ist eine unserer anderen Geschichten (https://meermond.de/2017/11/16/wie-schmecken-ameisen-auf-laeso/) aus unserem Leben in Nordjütland.
Viel Vergnügen und god tur wünscht:
Weitere Informationen zur Insel und zur Anreise :
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