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Eine Interrail-Tour in die Vergangenheit

1972, vor 50 Jahren also, wurde eine wunderbare europäische Idee geboren und schnell sehr populär: Das Interrail-Ticket. Das waren jene in ganz Nord-, West- und Südeuropa gültige Bahn-Tickets für alle unter 21, später unter 26 Jahren. Im ersten Jahr erlaubte das Ticket sogar einen Blick hinter den damals noch ziemlich eisernen Vorhang durch die Beteiligung der DDR, Polens und Ungarns – Polen und die DDR blieben aber nur ein Jahr dabei. Interrail-Tickets gibt’s übrigens heute noch, inzwischen in verschiedensten Varianten, auch für die 1. Klasse, für jedes Alter und sogar ermäßigt für alle über 60 – davon profitieren jetzt alle Reisenden der ersten Jahre.

Im neuen NORDIS Heft schreibt unser Autor Rasso Knoller über den persönlichen Relaunch einer Interrailreise vor 45 Jahren. Das hat unseren Dänemark Spezialisten Hans Klüche angeregt, im Keller nach alten Fotobüchern zu suchen und durch die Erinnerungen an seine ersten Interrail-Reise 1974 zu blättern. Die Bilder, die er uns heute üblicherweise schickt, sind zum Glück etwas besser als die von vor 48 Jahren, die meisten schwarz-weiß und selbst entwickelt. Damals reiste er auch nicht nur in Dänemark herum, sondern durch den ganzen Norden. Dazu schreibt er uns:

„Die Route führte über Kopenhagen, Stockholm und Helsinki erst in Finnlands Osten. Da war das kleine Dorf Vuonislahti mit der Jugenherberge Herranniemi ein absoluter Geheimtipp – heute übrigens immer noch ein Gästehaus, nur ist das Publikum wohl auch etwas älter geworden: Kestikievari Herranniemi. Von dort gings im Zick-Zack-Kurs – wichtigstes Kriterium Nachtzüge, um Übernachtungskosten zu sparen –, nach Nordschweden und über Kiruna nach Narvik. Von dort dann ein Stück ohne Interrail Rabatt mit einem Zubringerboot der Postschiffroute nach Svolvær  und von dort zur ›nächsten‹ Bahnstation in Bodø. Auf dem Postschiff erlebte ich eine Nacht, die in die Geschichte einging: Auf der damaligen ›Nordlys‹ saß ich mit Dutzenden anderen Rucksackreisenden in der Bar (oder was auch immer das damals war) und wir lauschten gebannt der Rücktrittsrede von US Präsident Richard Nixon im Radio, der gerade über die Watergate Affäre gestürzt war. Diese Nordlys, ein 1951 gebautes Schiff, gehörte Det Bergenske Dampskibsselskab, die zu jenen Reedereien gehörte, die die Postschiffroute an der Küste aufgebaut hatten und über verschiedene Fusionen schließlich in Hurtigruten aufgingen.

Damals waren meine Interesse augenscheinlich noch anders gelagert – es gibt deutlich mehr Bilder von Reisebekanntschaften als von Landschaften. Ich hatte aber schon damals eine Sammelleidenschaft und habe Quittungen, Fahrkarten und Prospekte mit in die Fotobücher geklebt. U.a. das damalige Interrail-Ticket, ein Heft in das man alle Fahrten einzeln eintragen musste. Da kann ich sehen – und es frischt meine Erinnerungen auf -, dass ich so begeistert von der norwegischen Bergenbanen und Flåmsbana war, dass sich mein Reiseverlauf mit der Bahn ab Bodø vom 9.8.–15.8 so liest: 9.8. Bodø – Trondheim Tagzug, 9./10.8. Trondheim – Oslo Nachtzug, 10./11.8. Oslo – Bergen Nachtzug, 11./12.8.  eine Übernachtung in der Jugendherberge Bergen, 12.8. Bergen–Oslo Tagzug; 12./13.8, Oslo – Bergen Nachtzug, 13.8. Bergen-Myrdal-Flåm-Myrdal-Oslo Tagzüge; 13./14. Oslo-Kopenhagen Nachtzug, 14.8. tagsüber Brauereibesichtigungen in Kopenhagen, 14./15. Kopenhagen-Osnabrück Nachtzug – dann war ich zu Hause. Also 7 Tage mit einer Nacht in einem richtigen Bett in Bergen – ich glaube, heute wäre das nichts mehr für mich!

Übrigens gab es laut Bankquittung beim Geldtausch damals für 1 DM etwa 2 norwegische Kronen und laut Plan des Troll-Zuges, der damals speziell für Touristen zwischen Bergen und Oslo pendelte, einen Stopp von über einer Stunde in Finse mit der Möglichkeit, dort für 30 Kronen – damals also 15 DM – ein Lunch einzunehmen: Forelle, Nachtisch und Kaffee!“

Über den Autor

Hans Klüche

Hans Klüche lebte mehrere Jahre in Dänemark und berichtete von dort als freier Auslandskorrespondent für öffentliche rechtliche wie private Hörfunksender. Als er aus familiären Gründen wieder nach Deutschland zog, blieb er dem Land als Autor und Fotograf treu und schreibt jetzt regelmäßig im Nordis-Magazin über das kleine Königreich. Zur Recherche durchstreift er es immer wieder von Felseninseln der Ertholmene ganz im Osten bis zu den rauen Stränden der Nordseeküste. Hans verfasst jedes Jahr den Dänemark-Teil des »Nordis Skandinavien Reisehandbuch« und hat auch sonst zahlreiche Reiseführer, Bildbände und sogar ein Hörbuchmanuskript geschrieben. Außer über Dänemark veröffentlichte er schon über Island, Norwegen und Neuseeland. Alle Titel finden sich auf seiner Autorenseite bei einem großen Online-Händler (www.hans-klueche.de). Aktuell Lieferbar sind u.a. »DuMont Reisehandbuch Dänemark«, »DuMont Reisetaschenbuch Dänemark Nordseeküste«, »DuMont direkt Kopenhagen« und über das Traumziel auf der anderen Seite der Erde das »DuMont Reisehandbuch Neuseeland«.

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