Es ist zermürbend. Fast eine Woche unseres Winterurlaubes auf den Lofoten ist schon vergangen. Ich sehe aus dem Fenster unserer Rorbu in ein nebliges Grau. Es ist nicht mal ein Grau in verschiedenen Abstufungen, nein: Es ist ein kontrastloses Einheitsgrau. Keine Lichtshow am Himmel aus schnell ziehenden Wolken, keine Sonne, die wandernde Spots auf die Erde wirft. Und schon gar keine Aussicht auf Polarlicht in der nächsten Nacht. Für uns Hobby-Fotografen droht dieser Urlaub eine Enttäuschung zu werden. Immerhin regnet es nicht.
Einen akuten „Hüttenkoller“ wollen wir unbedingt vermeiden. Wir setzen uns daher ins Mietauto und fahren drauflos. Immer entlang der Südküste der Insel Vestvågøy. Nach einer halben Stunde halten wir an, steigen aus und laufen ziellos über den Sandstrand. Das Wasser des Vestfjords plätschert müde ans Ufer, es ist fast windstill. Mir fallen skurrile Spuren im Sand auf, die das Wasser hinterlassen hat. Ich packe meine Kamera aus und mache ein paar Versuche. Das kann nicht schaden. Wer ruft da? Ach so – meine Frau. Sie wundert sich, wo ich bleibe. Ich staune, wie viel Zeit ich mit einem erst übersehenen Motiv verbracht habe. Auch das ist eher grau – und trotzdem interessant.
Schließlich verbringen wir zwei Stunden an diesem Strand und entdecken noch eine Fülle anderer Fotomotive, die man leicht übersehen kann. Die vielen unterschiedlichen Formen, die das Wasser im Sand hinterlassen hat, faszinieren uns. Mal sehen sie aus wie kleine Flüsse, mal wie Pflanzen, mal wie Figuren aus einem Science-Fiction-Film. Dazu kommen Muscheln, Steine, Schnecken, verwittertes Holz. Die Möglichkeiten sind immens.
Bis zur Heimreise kehren wir mehrmals zu diesem Strand zurück und werden immer mit einer reichen Ausbeute an Fotos belohnt.
Dieser Urlaub liegt schon einige Jahre zurück. Noch immer fesselt uns vor allem das mal spektakuläre, mal unglaublich weiche Licht der tief stehenden Sonne des winterlichen Nordens – sei es auf den Lofoten, auf Island oder den Färöer-Inseln. Es muss aber nicht immer die Suche nach dem Offensichtlichen sein. Mittlerweile haben wir einen Plan B, der bei trübem Wetter ins Spiel kommt: gerade das diffuse Licht wolkiger Tage eignet sich für das Fotografieren kleiner Motive mit feinen Strukturen. Man muss bereit sein, diese als Motiv zu erkennen, und mit empfangsbereiten Sinnen unterwegs sein.
Wer weiß, vielleicht findet sich beim Strandspaziergang doch noch eine Wolkenlücke und die Sonne hat ihren kurzen, aber grandiosen Auftritt.
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