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Ein künstlerischer Ausflug nach Sandur auf Sandoy

Titelbild: Blick vom Dorf Sandur aus über Weiden, Fluss, Dünen und Bucht. Foto: Theresa Kohlbeck Jakobsen.

Auf Sandoy gibt es viel zu entdecken. Dank des neuen Unterseetunnels sind die Insel und ihre Sehenswürdigkeiten nun einfach per Auto oder Bus erreichbar. Das lokale Kunstmuseum beeindruckt mit einer herausragenden Sammlung färöischer Kunst und der Strand des Dorfes Sandur lädt mit feinem Sand zum Baden ein.

Die Insel Sandoyist eine der etwas größeren Inseln im südlichen Teil der färöischen Inseln. Ihren Namen erhielt die Insel wohl auf Grund des sandigen Strands, der bei gutem Wetter im Dorf Sandurzum Baden einlädt. Seit Dezember 2023 ist die Insel per Unterseetunnel mit der Hauptstadt Tórshavn verbunden und kann nun sowohl per PKW als auch per Bus besucht werden. Die Buslinie 650 hält an mehreren Haltestellen in Tórshavn, unter anderem bei Steinatún in der Innenstadt. Der Fahrplan ist etwas unregelmäßig, weshalb es sich empfiehlt, ihn im Voraus auf der Website von Strandfaraskip Landsins abzurufen. Im Dorf Sandur kann man in die Linie 601 umsteigen, die in die Dörfer Dalur, Húsavík und Skálavík fährt.

Ein traditionelles Rasendachhaus im Dorf Sandur. Foto: Theresa Kohlbeck Jakobsen.

Schon die Fahrt durch den 10,8 km langen und an der tiefsten Stelle 155 m unter dem Meeresspiegel verlaufenden Tunnel, der unter dem Meer vom alten Schiffshafen Gamlarætt auf die Insel führt, überrascht mit einer Reihe von Lichtinstallationen, die die Tunnelwände zieren. Der färöische Künstler Edward Fuglø entwarf diese in einem an Höhlenmalerei angelehnten Stil und inspiriert von färöischen Erzählungen der Insel Sandoy und dem Dorf Kirkjubøur. Die Erzählungen können auf der Website der Tunnelgesellschaft gelesen werden.

Maanens duer,Díðrikur á Skarvanesi, ca. 1840, Listasavn, Tórshavn, Färöer.

Die zehn Werke Fugløs beinhalten neben lokalen Erzählungen auch eine Hommage an den ersten Maler der Färöer Díðrikur á Skarvanesi (1802-1865), der auf Sandoy lebte und dessen Vogelzeichnungen die ältesten erhaltenen Kunstwerke sind. In der Nationalgalerie Listasavn in Tórshavn können die überraschend farbigen Gouachebilder, die auf die Jahre zwischen 1830 und 1840 datiert werden, unter anderem Hani og høna (Hahn und Henne) und Maanens duer (Tauben des Mondes), als Teil der dortigen Dauerausstellung besucht werden. Die Originalentwürfe für die Lichtinstallationen im Sandoyartunnil hingegen sind im Museum auf Sandoy ausgestellt.

Edward Fugløs Entwürfe, Listasavn Sandoy, 2023. Foto: Theresa Kohlbeck Jakobsen.

Das Kunstmuseum der Insel Sandoy ist ein Ort eines Kunstliebhabers für andere Kunstliebhabende. Sofus Olsen wurde in Sandur geboren und wuchs auch dort auf, ein echter heimasandsmaður also. Im Jahr 1961, mit Ende 40, kaufte Sofus sein erstes Gemälde, Gentuhøvur des färöischen Malers Ingálvur av Reyni. Das war der Startpunkt einer leidenschaftlichen Sammlerkarriere, die 50 Jahre andauerte und deren Sammlung auf über 120 Malereien, Skizzen und Skulpturen von fast 30 verschiedenen Künstlern und Künstlerinnen anwuchs.

Das Gebäude der Listasavn mit einer Taube des Künstlers Díðrikur á Skarvanesi als Logo. Foto: Theresa Kohlbeck Jakobsen

In der Ausstellung sind u. a. Werke von Sámal Mikines, Elinborg Lützen, Hanus Kamban und Ruth Smith zu sehen, die alle bekannte Größen der färöischen Kunstgeschichte sind. Spannend dabei ist besonders, dass gerade die Arbeiten, die Sofus kaufte ganz andere Perspektiven auf die Arbeit der genannten Künstlerinnen und Künstler eröffnen. So sind zum Beispiel viele Skizzen und Aquarelle von Mikines und av Reyni zu bewundern, die man in dieser Form eher selten oder nur in Sonderausstellungen zu sehen bekommt. Gerade ein großes, gut erhaltenes Aquarell von Mikines Ódnarveður á Velbastaður (Unwetter im Dorf Velbastaður, 1964) begeistert gleich beim Betreten des Ausstellungsraumes.

Der Eingangsbereich samt Mikines Gemälde Ódnarveður á Velbastaður. Foto: Theresa Kohlbeck Jakobsen.

Das Kunstmuseum besteht aus einem großen Raum mit einer Galerie, die über eine Treppe sowie einen Rollstuhlaufzug erreichbar ist. In einem abgetrennten Aufenthaltsraum wird eine Dokumentation über Sofus gezeigt. Die Räumlichkeiten sind durch Deckenfenster mit viel Tageslicht versorgt. Darüberhinaus richten sich kleinere Fenster in alle vier Himmelsrichtungen, so dass man von ihnen aus das Dorf, die Kirche und den Strand betrachten kann.

Blick in die Ausstellung. Foto: Theresa Kohlbeck Jakobsen.

Im genannten Nebenraum findet sich außerdem eine heimelige Couchecke mit vielen Büchern über färöische Kunst, in denen gelesen werden darf. In diesem Raum finden sich außerdem einige schottische Kupferstiche zwischen den vielen färöischen Arbeiten versteckt. Sofus arbeitete als junger Mann in der Fischerei auf einem färöischen Slupp bevor er eine akademische Laufbahn einschlug. Er hatte lange den Wunsch ein Kunstmuseum in seinem Heimatdorf zu errichten, musste darauf jedoch bis zu seinem 92. Geburtstag 2005 warten. Im selben Jahr wurde er auf den Färöern zum Mann des Jahres gewählt und starb schließlich 2006, nur zehn Monate nach Erhalt der Auszeichnung.

Couchecke und Bücher. Foto: Theresa Kohlbeck Jakobsen.

Das Museum ist klein, aber fein, und es empfiehlt sich, etwas Vorwissen zu färöischer Kunst mitzubringen, um die dort ausgestellten Werke wirklich schätzen zu können. Ich würde deshalb empfehlen, vor dem Besuch eine Führung in der Nationalgalerie in Tórshavn zu besuchen, um sich mit den Namen und Geschichten der Künstler und Künstlerinnen vertraut zu machen. Im Sommer hat die Ausstellung von Dienstag bis Sonntag von 14:00 bis 16:00 Uhr geöffnet. In den Wintermonaten kann sie nur auf Anfrage unter der Telefonnummer +298 211924 und gegen einen Mindestpreis besucht werden.

Das Glasdach mit Glasskulpturen von Tróndur Patursson. Foto: Theresa Kohlbeck Jakobsen.

Seit diesem Sommer gibt es in Sandur auch wieder ein Café. Das Café Retro bietet warme und kalte Getränke, hausgemachte Kuchen und smyrjibreyð (offenbelegte Brote) mit färöischem Fisch an. Vom Café aus führt ein Fußweg an der Kirche vorbei und über die Weiden und Äcker hinunter an den Fluss, in dem im Sommer besonders die Kinder gerne spielen. An einigen Stellen ist der Fluss niedrig genug, dass man ihn in kurzen Hosen und barfuß überqueren kann. Hat man dies geschafft, steht man vor hohen Sanddünen (Mølheyggjar), die auf den Färöern selten sind und deshalb unter Schutz stehen. Hinter diesen Dünen liegt der breite Sandstrand der Insel mit Ausblick auf die Inseln Skúvoy, Lítla Dímun und Stóra Dímun.

Der Strand bei Sandur. Foto: Theresa Kohlbeck Jakobsen.

Neben dem ersten färöischen Künstler kommt auch die erste Schriftstellerin von Sandoy. Die Lyrikerin Billa Hansen (1864–1951) wuchs in Sandur auf und war die einzige Frau, deren Gedicht 1892 im ersten färöischen Gesangsbuch Føriskar vysur in Kopenhagen abgedruckt wurde. Darüber hinaus stammte auch der Maler Frimod Joensen (1915–1997) aus Sandur. Einige seiner Werke finden sich in Sofus Sammlung im Kunstmuseum der Insel Sandoy. Die Tourismusagentur Visit Faroe Islands hat eine Reihe an Broschüren und Karten mit Informationen zu Geschichte und Geografie der Insel Sandoy und den dortigen archäologischen Funden herausgegeben, die unter folgendem Link heruntergeladen werden können: https://visitsandoy.fo/en/about6/info/maps-and-brouchures

Blick in die Ausstellung, u. a. Malereien von Frimod Joensen. Foto: Theresa Kohlbeck Jakobsen.

Über den Autor

Theresa Kohlbeck Jakobsen

Theresa Kohlbeck Jakobsen ist zertifizierte Fremdenführerin für die Färöer und schreibt aktuell ihre Doktorarbeit zu färöischer Literatur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Theresas Leben und Arbeiten findet im Städtedreieck Berlin - Kopenhagen - Tórshavn statt. Im Rahmen des absolvierten Skandinavistik-Studiums bereiste Theresa fast alle Ecken Skandinaviens und des Baltikums und verbrachte u. a. viel Zeit in Helsinki. Am liebsten schreibt Theresa über Kunst und Literatur der vielen kleinen und großen nordischen Inseln. Theresas Artikel erscheinen regelmäßig in der Zeitschrift Tjaldur des Deutsch-Färöischen- Freundeskreises e. V.

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