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Ein Hüttenwochenende im norwegischen Fjell

(c) Text & Fotos: Stefanie Albrecht

Der Wind pfeift kalt und leise durch die kleinen Spalten des alten Hauses. Das Feuer knistert wärmend im kleinen Ofen in der Ecke. Ich beobachte kleine Perlen, die am Fenster hinablaufen und lausche dem sanften Regen, der rhythmisch auf das Wellblechdach trommelt. Lange habe ich mich nicht mehr so frei gefühlt. Nach diesem Wochenende in dieser einsamen Hütte. Irgendwo mitten im norwegischen Gebirge. Aber beginnen wir von vorne.

Endlich einmal in einer Hütte im Nirgendwo

Schon lange war es mein Wunsch, einmal ein paar Tage in einer wirklich urigen, norwegischen Hütte abzuschalten. Also buchen wir uns eben genau solch eine über ein Wochenende während unseres Urlaubs. Es soll ins Breheimen gehen, unweit des Jostedalen. Und schon bald beginnt der Tag, an dem es endlich so weit ist. Wir starten mit dem Auto entlang des Flusses Jostedøla, der sich, gespeist vom Gletscherwasser, in einem unglaublichen Türkis vor uns durch das Tal schlängelt. Nach kurzer Zeit erreichen wir den Standort, wo wir das Auto abstellen sollen. Von nun an geht es zu Fuß weiter, hinauf ins 825 Meter hochgelegene Roykjedalen. Natürlich haben wir unsere Rucksäcke bis zum Rand gefüllt, was wir während des Aufstiegs nur ein kleines bisschen verfluchen werden. Zum Glück befinden wir uns aber schon auf etwa 340 m Höhe.

Quälender Aufstieg mit Happy End

Und so geht es bei Sonne pur auf den circa 1,8 Kilometer langen Weg bergauf. Wir fluchen auf die Rucksäcke, wir pausieren, wir trinken, wir fluchen auf die Sonne. Und das abwechselnd. Alle 20 Minuten. Aber als die Hütten endlich vor uns auftauchen, gibt es kein halten mehr. Lotti rennt freudig um uns herum und die Strapazen sind schnell vergessen, als wir den ersten Fuß in die Tür setzen. Sofort durchzieht mich ein Gefühl der Zufriedenheit. Der Geruch von altem Holz strömt in meine Lungen.

Bei jedem Schritt knarrt es unter meinen Füßen. Ich fühle mich sofort wohl. Genuauso habe ich mir eine urige Hütte vorgestellt. Das einzige fließende Wasser gibt es am nahegelegenen Bach. Die Einrichtung ist spartanisch, aber unheimlich gemütlich. Der Ofen in der Ecke hat seine besten Tage hinter sich, aber hält dicht. Direkt am Fenster steht ein großer Tisch mit zwei Bänken. Von hier aus kann man das Tal weiter hinaufschauen. Ein Traum.

Kannst du auch die Stille hören?

Nach einer kurzen Ruhepause erkunden wir ein wenig die Gegend. Im Umfeld stehen noch drei, vier weitere Hütten, die aber nicht bewohnt sind. Wir halten kurz inne und lauschen der Stille. Dem Wind, der sanft durch das Moos streicht. In der Ferne hören wir das Mähen einiger Schafe. Sonst gibt es hier oben keinerlei Geräusche, nur den Klang der Natur. In den höhergelegenen Bergen sammeln sich ein paar dunkle Wolken, also kehren wir zurück zur Hütte um. Gerade als wir sie erreichen, öffnet der Himmel seine Pforten. Ein kurzer, aber heftiger Schauer zieht über uns hinweg und hinterlässt uns zum Abschied einen farbenprächtigen Regenbogen. Den Rest des Abends verbringen wir mit lesen, spielen und einfach nur Sein.

Der Tag startet mit einem unbeschreiblichen Sonnenaufgang

Am nächsten Tag klingelt der Wecker in aller früh, denn wir wollen den Sonnenaufgang sehen. Wir schälen uns also aus unseren warmen Schlafsäcken und schon beim Öffnen der knarzenden Tür erreicht uns der erste Sonnenstrahl. Wie auf Abruf, erhellt die Sonne das vor uns liegende Tal in einem warmen Orange. Die erste Wärme des Tages zu spühren, lässt unsere Müdigkeit erblassen. Zu sehen, wie langsam alles erwacht, die Farben zu leuchten beginnen und den ersten Vögeln zu lauschen, ist so unglaublich befreiend.

Die Sonne wird uns den gesamten Tag begleiten. Wir kochen Kaffee, machen uns im eiskalten Bach frisch und starten bald mit einer Wanderung hinauf ins Fjell. Gute acht Stunden stiefeln wir durch die karge Landschaft, über Moos, Felsen und Schnee. Der Warnruf eines Schneehuhns durchbricht kurz die Stille. Doch die meiste Zeit sind wir von ausgeglichener Ruhe umgeben. Lange habe ich mich nicht mehr so entspannt gefühlt. Wenn es nach mir ginge, könnte der Tag noch ewig gehen.

Freiheit und Entspannung pur

Am Abend befeuern wir den Ofen, das Licht der Petroleumlampe erhellt den kleinen, gemütlichen Raum. Lotti liegt eingerollt auf einem Fell, während wir die Tage Revue passieren lassen. Hier könnte ich ewig bleiben. Selbst als uns der nächste Tag mit einem leisen Trommeln begrüßt. Ein Blick durch das Fenster lässt die Landschaft wie ein Aquarell erscheinen. Wahrscheinlich soll uns mit dem Regen der Abschied leichter fallen. Und obwohl ein kalter Wind durch die alten Ritzen pfeift, fällt es uns schwer zu gehen. Doch bevor sich der Abstieg in einen rutschigen Matschweg verwandelt, packen wir unsere Sachen zusammen. Ein letzter Blick zurück bleibt. Zur Hütte, die uns ein unbeschwertes Wochenende geschenkt hat. Weg vom Alltag und zurück zu dem Gefühl, was uns glücklich macht. Zum Gefühl der Freiheit.

Über den Autor

The Northtraveller

Ich bin Steffi und habe Norwegen in meiner Jugend kennen und lieben gelernt. Seitdem zieht es mich so häufig wie möglich in den Norden – neue Berggipfel erobern, neue Pfade entdecken und jedes Mal auf das Neue die Freiheit genießen. Meine Abenteuer teile ich auf meinem Blog www.thenorthtraveller.de, wo es auch Tipps rund um euren Norwegenurlaub gibt.

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