Fahrrad Island

Die Straße nach Borgarfjörður eystri – von lustigen Vögeln, Elfen und einsamen Getränkeautomaten

Auch in diesem Jahr bin ich nochmal mit Fahrrad in Island unterwegs, allerdings ist das Ziel der diesjährigen Tour nicht unbedingt ein „Fahrradmarathon“, ich will einige Plätze ansteuern, die ich im letzten Jahr auch wegen des mageren Sommerwetters nicht erreicht hatte.

Hitze“ in Island

Ich kann mein Glück kaum glauben, als auch an den nächsten Tagen die Sonne strahlt, die isländischen Zeitungen schreiben bei 23 Grad im Schatten Geschichten vom „blutendem Asphalt“. Dieses Phänomen bekomme auch ich zu spüren, der Straßenbelag löst sich stellenweise auf und bleibt wie zähes Kaugummi an den Fahrradreifen kleben. Derart hohe Temperaturen kommen in Island nicht so oft vor, die Wetterkarte färbt sich tiefrot …

Da man als Fahrradfahrer nur ungern über Bergpässe in Sackgassen hineinfährt und doppelt radelt, leiste ich mir für den Hinweg die Fahrt mit dem Bus. Der „Linien-Bus“ entpuppt sich als ein kleiner Transporter mit ein paar Sitzen und wird gut bepackt mit Waren, die wohl für den Dorfladen und die Restaurants bestimmt sind. Doch die Busfahrerin ist die typisch isländisch – die Gelassenheit in Person – und lässt mich freundlich lächelnd das Rad auf Pizzakartons und anderen Utensilien legen. Da ich an diesem Tag der einzige Fahrgast bin, erzählt sie mir einiges über das lebendige Dörfchen Bakkagerði, in dem noch heute über 100 Menschen leben.

Kleines Paradies mit vielen Optionen

Irgendwann tauchen verstreut einige bunte Häuser auf, die Sonne strahlt, nur ein laues Lüftchen regt sich und überall breitet sich das intensive Grün der Frühlingswiesen aus. Bei diesem Wetter fühlt man sich hier wie am schönsten Ende der Welt.

Direkt hinter dem beliebten Campingplatz ragt der Hügel „Álfaborg“ auf, der zwar betreten werden darf, aber eigentlich nach Meinung vieler Isländer die Heimat der Elfen und auch Sitz der Elfenkönigin ist. Die rundum schroff aufragenden, noch schneebedeckten Berge machen einen fast alpinen Eindruck und bieten jede Menge ausgezeichneter Wandermöglichkeiten. Vom einstündigen Spaziergang bis zur mehrtägigen Wildnis-Wanderung nach Seyðisfjörður ist hier für jeden Geschmack und Konditionsstand vieles möglich. Im Sommer gelangt man mit einem geländegängigen Vehikel bis in das Hinterland nach Loðmundarfjörður. Der Campingplatzbetreiber verleiht für sportlich motivierte Naturen auch Mountainbikes und gibt viele Tipps für Touren.

Mein Highlight ist die nur 5 km entfernte Vogelkolonie am Hafen. Von April bis Anfang/Mitte August kann man hier Zehntausende Dreizehnmöwen, Eisturmvögel und auch Papageitaucher aus nur wenigen Metern Entfernung beobachten. Während man an vielen anderen Plätzen schon ein wenig in die Klippen wandern muss, geht man hier nur ein paar Treppenstufen auf eine Plattform hinauf. Ich kann mich kaum losreißen vom Anblick der putzigen Vögel, die nach den eher holprigen Landungen blitzschnell mit kleinen Fischen im Schnabel in ihren Bruthöhlen verschwinden, um den hungrigen Nachwuchs zu versorgen und den Möwen zu entkommen, die ihnen die Beute wieder abjagen wollen.

Staub und steile Anstiege

Als ich mich am nächsten Morgen per Fahrrad auf den Rückweg nach Egilsstaðir mache, sind die Berge im dichten Nebel verschwunden. Mit etwas mulmigem Gefühl radele bei kaum 30 Meter Sicht los. Doch kurz vor dem Anstieg reißt der Nebel auf und langsam kurbele ich die schweißtreibenden Kurven Meter für Meter hinauf. Obwohl der Pass nur gut 400 m hoch ist, erinnert die Szenerie rundherum an die Alpen. Oben angekommen wird man nicht nur belohnt mit einer fantastischen Aussicht über Berge und die vorgelagerte, weite Ebene, die sich nach Norden ausbreitet, sondern auch mit einer kilometerlangen Abfahrt in die Ebene. Es ist Wochenende und auf den Abschnitten, die geschottert sind, stauben mich viele Autos gehörig ein. Irgendwo in der Mitte von Nirgendwo steht ein kleines grünes Häuschen mit Solarzellen, Grill und Bank. Als ich hineingehe, finde ich zu meiner Verwunderung einen Getränkeautomaten und ein Besucherbuch mit Einträgen aus aller Welt. Ein Isländer hatte diese schrullige Idee und so mancher Einheimischer, der hier vorbeikommt, gießt sogar die Blumen!

Infobox:

Es gibt Gästehäuser, Hotel, Campingplatz und einen kleinen Laden mit beschränktem Angebot. 5 km weiter am Hafen, auch nahe der Vogelkolonie gibt es mittlerweile ein kleines Café und öffentliche Toiletten.

Weitere Infos finden Sie hier:
www.borgarfjordureystri.is/en/aboutborgarfjordur

Wer die Gegend mal per Fahrrad erkunden will: www.fjordbikes.com  

Wer Sehnsucht nach Island hat, kann über diese Webcam im Sommer Papageitaucher beobachten: Liveticker Borgarfjarðarhöfn

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Sven Strumann von Kriatours hat noch einen ganz besonderen Tipp zu einer erst im Juli 2021 eröffneten „Unterkunft“ der etwas anderen Art: Am 09. Juli eröffnete in Bakkagerði im ostisländischen Borgarfjörður eystri das Luxushotel Nýlundabúðin, das Pagageitauchern einen 5 Sterne Service bietet. Eine Luxushöhle mit Vollpension erwartet die gefiederten Gäste, serviert werden u.a. Hering und Sardinen.
Rán Flygenring und Elín Elisabet schufen dieses lustige Kunstprojekt. Mehr auf Instagram: #nylundabudin

Kria Tours hat übrigens auch ein umfangreiches Angebot in vielen nordischen Ländern, weitere Informationen finden Sie unter: www.kria-tours.de

Text & Bilder: Reinhard Pantke

Über den Autor

Reinhard Pantke

Der Globetrotter Reinhard Pantke (Jahrgang 67) erlebt seine Reiseziele grundsätzlich nur mit Fahrrad und Rucksack. Im Verlauf dieser Touren legte er in den letzten gut 35 Jahren insgesamt 200.000 km per Fahrrad und ohne Motor zurück. Seine besondere Liebe gehört dem Norden, seine allererste Radtour führte ihn 1983 als 17-jährigen nach Norwegen. Neben Artikeln in regionalen und überregionalen Zeitungen und Magazinen, Kalendern, Buchbeiträgen und Ausstellungen ist Reinhard Pantke auch Autor verschiedener Bildbände über Norwegen und Kanada. In normalen Jahren zeigt er im Winterhalbjahr seine Multivisionsshows einem breiten Publiikum. Für Nordis hat er er etliche Berichte über seine Lieblingsregionen verfasst.

Kommentieren

Klick hier um zu kommentieren