Finnland Norwegen Schweden

Ausblick und Rückschau – Wie geht es weiter im Norden? – Teil 2

Schweden, Finnland und Norwegen – Teil 2

Im zweiten Teil unserer Interviewreihe schauen wir uns in Norwegen, Schweden und Finnland um und unterhalten uns mit Menschen, die in den Zielregionen leben und eng mit dem Tourismus verbunden sind über 2021 und die Erwartungen und Hoffnungen für 2022.

SCHWEDEN

Schweden hat in den letzten Jahren mehr auf Eigenverantwortung mit wenigen, aber landesweit einheitlichen Regeln und nicht auf ein üppiges und regional unterschiedliches Regelwerk zur Corona-Bekämpfung gesetzt. Auch die Schweden entdeckten im Sommer 2021 vermehrt ihr eigenes Land.
Mich persönlich freut es übrigens, dass mit man durch die neue Fährverbindung Rostock – Nynäshamn – Gotland direkt und einfacher in den Osten Schwedens gelangt.

Mein Gesprächspartner, Herr Karlén arbeitet für „Destinationsentwicklung“ in Südschweden/Skåne, in der Stadt Landskrona und auf der Insel Ven.

Hallo Herr Karlén, es freut mich, dass Sie sich wieder Zeit für ein paar Fragen fragen: Wie ist das Jahr 2021 insgesamt für Sie und den Tourismus in Schweden und speziell in Ihrer Region im Süden Schwedens gelaufen?
Es war Anfang 2021 sehr schwierig, wir wussten nicht wie lange die Welle dauern würde, aber haben für angepasste Aktivitäten, Angebote und Veranstaltungen geplant. Die große Schwierigkeit war, nicht zu wissen für wie viele zugelassene Personen wir Veranstaltungen im Sommer durchführen können. Wir haben „klein“ geplant und konnten dann das Ganze erweitern als eine größere Anzahl Besucher erlaubt worden war. Im Tourismusbereich hatten wir schon vom Sommer 2020 uns auf den schwedischen Markt stark vorbereitet, aber auf ausländische Gästen nur hoffen können. Campingplätze, freiliegende Ferienhäuser wurden rechtzeitig im Frühjahr gebucht, aber größere Hotel und wo man „eng“ wohnt, das dauerte bis Anfang Juli bevor die Gäste sich dort hin getraut haben. Alles im Allen war es für die Tourismusbranche in unserer Region für die meisten ein sehr guter Sommer.

Welche Erwartungen haben Sie für das Jahr 2022? Können Sie der „Dauerkrise“ auch etwas Positives abgewinnen, fallen Ihnen in Südschweden auch positive Beispiele ein?
Auf jedem Fall. Ich glaube, das diese Krise der ganzen Branche helfen wird zu einer schnelleren Umstellung zur Haltbarkeit/Sustainability, und dass wir in der Zukunft anders Reisen müssen mit mehr Nachhaltigkeit.

Wir werden wahrscheinlich mehr im Nahbereich Urlaub machen, auch für unsere deutschen Gästen ist es nur ein Katzensprung nach Südschweden und Skåne. Schweden bietet große Flächen, frische Luft, viel Wasser, Natur pur und das Interesse für diese Art Urlaub wächst auch durch die Pandemie.

Ich glaube, wir werden noch mehr Besucher bekommen aus dem Süden, wenn die Lage zum Sommer stabiler wird, auch die Schweden werden mehr im Land bleiben.

Ich habe in Deutschland das Gefühl, dass viele „pandemiemüde“ sind, weil die Regeln regional so unterschiedlich ausfallen und nicht immer durchdacht sind. Da scheint Schweden mehr auf „weniger Regeln“ und Eigenverantwortung zu setzen, oder?
Wir haben hier auch die Regeln von der Regierung durch „Folkhälsomyndigheten“ (Anm. das schwedische „Robert Koch Institut“). Jetzt am 12. Januar kamen neue Regeln für Restaurants mit dem Öffnungszeiten und auch z.B. Begrenzungen für Veranstaltungen. Der Unterschied ist, dass Schweden die selben Regelungen im ganzen Land hat.

Wenn Sie drei „Must-Do“ Dinge oder neue Attraktionen in Ihrer Stadt und Region empfehlen müssten, welche wären dies für diesen Sommer?

  1. Unser Festival in Landskrona im Juni, Skånes Matfestival 4.– 5. Juni.
  2. Einen Sommerausflug zur der wunderschönen Insel Ven, 30 Min mit Schiff von Landskrona. Die einzige große Insel im Öresund, wo der Astronom Tycho Brahe in die Sterne guckte.
  3. Entlang der Küste radeln auf dem nationalen Fahrradpfad „Sydkustleden“ von Landskrona nach Malmö und wenn man möchte den ganzen Weg nach Simrishamn, wo er endet.
Koster Inseln in Westschweden

Wenn Sie einen Wunsch freihaben würden, welcher wäre das?
Ich wünsche mir, dass der Tunnel zwischen Deutschland (Puttgarden) und Dänemark (Rødby) wirklich bis 2029 fertiggebaut ist und eröffnet wird, und dass Schweden sein Eisenbahnnetz für die Zukunft sichert, weil Bahnfahren im Nahbereich immer wichtiger wird, dann gelangt man in ca. 4 Stunden von Hamburg nach Skåne.

Danke für das Interview!

Weitere Infoformationen:
Aktuelle Infos und Bestimmungen: visitsweden.de
Lokales Fremdenverkehrsamt: ilandskrona.se/en/visit
www.skandinavien.de/rueckblick-und-versuch-eines-ausblicks-schweden-und-finnland


NORWEGEN

Auch in Norwegen hatte man im Sommer 2021 nach und nach die meisten Beschränkungen aufgehoben, man rief sogar eine Art „Freiheitstag“ aus und führte nur wenige Wochen später im Herbst neue Beschränkungen ein.
Ähnlich wie in den skandinavischen Nachbarländern, wurde das teilweise Ausbleiben der ausländischen Touristen durch die Nachfrage der einheimischen Bevölkerung mehr aus ausgeglichen, viele Regionen wie die z.B. die Lofoten, die Küstenstraße 17 und das Fjordland waren mitunter in der Hauptferienzeit schon fast etwas überlaufen…

Mein Gesprächspartner lebt im Norden Norwegens. Ssemjon Gerlitz ist Geschäftsführer der Holmvik Brygge und seit über 20 Jahren aktiv an der touristischen Gestaltung der Vesterålen beteiligt.

Hallo Herr Gerlitz, Danke, es freut mich, dass Sie sich wieder Zeit für ein paar Fragen nehmen: Wie ist das Jahr 2021 insgesamt für Sie und den Tourismus in Nyksund und auf den Vesterålen gelaufen?
Das Jahr 2021 war auch bei weitem kein normales Jahr. Ab dem Sommer gab es jede Menge Gäste. Leider durften meine Mitarbeiter anfänglich nicht einreisen, so dass es schwierig war, einen Betrieb aufrecht zu halten. Der norwegische Markt gibt halt bei weitem nicht genügend Arbeitskräfte in unserer Branche her. Durch die Corona Reisebeschränkungen haben wir aber auch dieses Jahr ein Klientel gehabt, welches ganz andere Anforderungen, Wünsche und Vorstellungen von unseren Produkten hatten als unsere übliche Kundengruppe, was schon sehr herausfordernd war.

Nordlichter auf den Vesterålen

Welche Erwartungen haben Sie für das Jahr 2022? Können Sie der „Dauerkrise“ auch etwas Positives abgewinnen? Hat es auf den Vesterålen positive Entwicklungen gegeben?
Wir müssen mit dem Virus leben. Hygiene, Masken und Abstand halten wird wahrscheinlich sobald nicht aus unserem Leben verschwinden. Ich gehe davon aus, dass zu mindestens innerhalb von Europa frei gereist werden kann und das wir somit eine relativ normales Jahr haben werden. Positiv für uns war es bisher, dass wir unseren Betrieb etwas geändert haben und jetzt auch eine Anlaufstelle für sogenannte „Digitale Nomaden“ sind. Sprich wir haben ein „Co-Working Home“ aufgemacht für Menschen, die im Homeoffice arbeiten und gleichzeitig im Urlaub sein wollen. Das Positive für die Vesterålen generell war und ist, dass viele Norweger unsere Region als Reiseziel entdeckt haben.

Ich finde es ja persönlich schade, dass viele Touristen sich auf die bekannten Lofoten Inseln stürzen, wo es im Sommer entsprechend voll wird und die mindestens ebenso sehenswerten Vesterålen links liegen lassen. Was spricht für die Vesterålen und welche Stationen möchten Sie, mal abgesehen von natürlich Nyksund empfehlen?
Die Lofoten haben lange von Ihrem Ruf gelebt, aber gerade auch in den letzten Jahren wieder viel für Ihre Attraktivität gemacht. Die Vesterålen haben den großen Vorteil, dass sie mehr aufgeteilt sind. Auf den Lofoten passiert alles entlang der E10. Auf den Vesterålen verteilt sich der Tourismus auf viele Straßen und Orte. Es ist schwer zu sagen, was ich nicht auf den Vesterålen empfehlen kann, bei fast allen Betrieben stehen die Chefs noch selber an der Kasse oder hinter der Rezeption und sind mit Herzblut dabei.

  • Stokmarknes mit der Hurtigruten Geschichte
  • Rødbrygga sowie Mormors als authentische Cafés/Bars. Sortland mit dem geschichtsträchtigen „Sortland Hotel“ und einen Besuchszentrum für Aquakultur sowie einem Zentrum für samisches Leben
  • Bø mit seinen Stränden und der wohl bekanntesten Skulptur der Vesterålen und dem Ringstad Resort.
  • Andøy mit Andøy Friluftssender und der Walsafari.
  • In Øksnes lohnt sich neben natürlich Nyksund und der „Königinnenwanderung“ (Dronningruta) immer eine Tour mit dem lokalen Postschiff und ein Besuch im lokalen Puppenmuseum.

Wenn Sie einen Wunsch freihaben würden, welcher wäre das?
Ja, eigentlich ist es aber genau das, ein normales Leben, aber nicht das „alte Leben“. Durch Lockdown/Homeoffice haben wir der Natur vielerorts die Gelegenheit gegeben sich zu erholen. Verkehrstechnisch kam es zu vielen guten Denkansetzen, wie z.B. dem Fahrradboom, mit vielen neuen Radwegen. Ich wünsche mir, dass wir nicht wieder in unsere alten Strukturen zurück fallen, sondern das aus der ganzen Sache was lernen. Corona hat viele Schwachstellen aufgezeigt. Jetzt wissen wir wo sie sind und können dran arbeiten. Und Corona hat sehr viel Möglichkeiten aufgezeigt.

Danke für das Interview!

Weitere Links:
Einreisebestimmungen: www.helsenorge.no/en/information-in-english
Allgemeine Infos zu Norwegen: www.visitnorway.de
Infos zur Nyksund: nyksund.com/aboutus
Infos zu den Vesterålen: visitvesteralen.com/en
www.skandinavien.de/wie-geht-es-weiter-in-2021-ein-rueckblick-und-der-versuch-eines-ausblicks


FINNLAND

Ich selbst plane selbst für den Sommer 2022 durch Deutschland, das Baltikum und große Teile Finnlands bis zum Nordkap mit dem Fahrrad zu fahren und durch Schweden/Norwegen zurück zu Radeln und bin gespannt auf das Land der Seen. Das Land hat sich 2021 erst spät für den Tourismus geöffnet, man hofft aber auf eine bessere Situation in 2022.

Hallo Herr Oksanen, es freut mich, dass Sie sich als Repräsentant von „Visit Finnland“ Zeit nehmen für ein paar Fragen: Wie ist das Jahr 2021 insgesamt für Sie und den Tourismus in Finnland gelaufen?
Insgesamt vielleicht als eine Art Berg- und Talfahrt zu beschreiben: Wir haben den Verlust von internationalen Gästen mit einheimischer Nachfrage teilweise ersetzen können. Leider sind die Unternehmen, die Ihre Inhalte auf internationale Besucher abgestimmt haben unter Druck.

Åland Inseln

Welche Erwartungen haben Sie für das Jahr 2022? Können Sie der „Dauerkrise“, die ja seit fast 2 Jahren anhält auch etwas Positives abgewinnen?
Es gibt nicht viel positives zu erzählen. Vielleicht, dass wir unsere nachhaltige Initiative schneller haben voranbringen können als erwartet. Auch unser nationales Digitalisierungsprojekt ist gut gelaufen und wir sind positiv, dass wir uns in eine bessere Zukunft entwickeln können, wenn die Pandemie endlich vorbei ist.

Ich bin selbst Fahrradtourist, haben Sie für unsere Leserinnen und Leser einen Tipp für eine besonders schöne Radtour durch Finnland? Oder eine eher unbekannte Ecke, die Sie besonders für eine Reise in diesem Sommer empfehlen möchten?
Aber sicher: Saimaa Cycle Tour ist eine der schönsten Fahrradtouren der Welt: saimaacycletour.com/en

Wenn Sie einen Wunsch freihaben würden, welcher wäre das?
Ich hoffe, dass die Klimakrise seriöser angegangen wird. Wir sind dabei unsere Klimaziele zu verfehlen.

Danke für das Interview!

Weitere Infos:
www.visitfinland.com/de

Wer Lust hat dem Autor, Globetrotter und Fotografen Reinhard Pantke in diesem Sommer auf seinen Reisen zu folgen oder seine Multivisionsshows zu besuchen:
www.facebook.com/pantherontour
www.reinhard-pantke.de
www.flickr.com/photos/bike-around-the-world

Hier geht es zu Teil 1 und Teil 3 der Reihe „Ausblick und Rückschau – Wie geht es weiter im Norden?“

Text & Bilder: © Reinhard Pantke

Über den Autor

Reinhard Pantke

Der Globetrotter Reinhard Pantke (Jahrgang 67) erlebt seine Reiseziele grundsätzlich nur mit Fahrrad und Rucksack. Im Verlauf dieser Touren legte er in den letzten gut 35 Jahren insgesamt 200.000 km per Fahrrad und ohne Motor zurück. Seine besondere Liebe gehört dem Norden, seine allererste Radtour führte ihn 1983 als 17-jährigen nach Norwegen. Neben Artikeln in regionalen und überregionalen Zeitungen und Magazinen, Kalendern, Buchbeiträgen und Ausstellungen ist Reinhard Pantke auch Autor verschiedener Bildbände über Norwegen und Kanada. In normalen Jahren zeigt er im Winterhalbjahr seine Multivisionsshows einem breiten Publiikum. Für Nordis hat er er etliche Berichte über seine Lieblingsregionen verfasst.

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