Text und Bilder Andrea Ullius
Wasser trennt, Wasser verbindet. Genauso ist es auch am Bottnischen Meerbusen. Das Meer trennt Schweden und Finnland in zwei Länder. Höchste Zeit also, diese Region etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Das Beste dabei: Die Entdeckungsreise beginnt schon in Stockholm.
Manchmal muss man sich grundlegende Fragen stellen, wenn man seinen Urlaub plant. Weshalb verreise ich eigentlich? Im Prinzip geht es beim Reisen ja um ganz simple Dinge: Aktivitäten in der Natur unternehmen, Kennenlernen kultureller Eigenheiten, gut essen und trinken sowie ausgeruht nach Hause kommen. Besonders toll ist es, wenn man dabei die größtmögliche Abwechslung geboten bekommt.
Genau diese Abwechslung, diese vielen Eindrücke kann man in der Region Kvarken (Schwedisch für Bottnischen Meerbusen) auf kurzer Distanz erleben. Ausgangspunkt für die Erkundungstouren sind die beiden Städte Umeå (Schweden) und Vaasa (Finnland). Die Orte sind Nachbarn, einfach durch das Wasser des Bottnischen Meerbusens getrennt. Dank der Fährverbindung der Wasaline ist man in vier Stunden im anderen Land und kann viele neue Dinge entdecken.
Um noch mehr Abwechslung und Eindrücke von Schweden zu bekommen, finde ich es besonders schön, wenn du die Reise in Stockholm beginnst. Falls du mit dem Wohnmobil oder Auto anreist, ist die Hauptstadt natürlich nur Zwischenstation auf dem Weg nach Norden, aber das ist dann wieder ein anderes Thema.
Aus der Hauptstadt raus in die Natur
Stockholm ist eine Großstadt, für mich die schönste überhaupt. Aber es ist immer noch eine Großstadt, und so sehr ich das pulsierende Leben dort mag, so gerne fahre ich dann auch wieder raus in die Natur. Das Fantastische in Schweden ist, dass das gar nicht lange dauert. Wenn es dich schnell nach Norden zieht, dann fährst du auf der E 4 Richtung Uppsala und dann nach Gävle. Wenn du noch etwas Schärenfeeling genießen willst, dann ist die E 18 dein Begleiter Richtung Ostküste und der erste Kontakt mit dem Kvarken. Du kannst bis Kapellskär fahren oder bei Norrtälje auf die Straße 76 wechseln. Auf verschiedenen Straßen und Sträßchen kannst du nun die Küste und allenfalls die eine oder andere Insel erkunden. Auf Arholma kannst du z. B. eine alte Militäranlage besuchen, ein tolles Hotel gibt es auf Marholmen. Eine lohnenswerte Station ist auch Grisslehamn.
Ein Abstecher nach Dalarna
Egal, welchen Weg du Richtung Norden gewählt hast, irgendwann kommst du in Gävle an. Etwas nördlich davon ist ein Stopp im Hotel von Stilleben (www.stilleben.nu) eine super Idee. Die Reise geht anschließend weiter der Küste entlang bis zum Start der Höga Kusten in Sundsvall.
Wenn du genug Zeit hast, dann gibt es nichts Schöneres, als noch einen Abstecher nach Dalarna zu machen. Besuch die UNESCO-Welterbe-Stadt Falun mit der alten Mine und den Arbeiterquartieren (www.falugruva.se)! Toll ist auch ein Abstecher nach Mora. Hier kannst du das Zorn Museum (www.zorn.se) oder etwas außerhalb der Stadt die Manufaktur der Dalapferde besuchen (www.nilsolsson.se). Nordische Raubtiere leben im Orsa Rovdjurspark (www.orsarovdjurspark.se), und die klassischen Schwedenhäuser siehst du in Fryksås.
Höga Kusten
In Sundsvall beginnt die Region der Höga Kusten (www.hogakusten.com/de). Hier zeigt die Natur eindrücklich, welchen Einfluss die Eiszeit und die Verschiebung der Kontinentalplatten auf das Aussehen des Landes hatte – und noch immer hat. Man kann ohne Zweifel sagen, dass das UNESCO-Welterbe Höga Kusten das höchste der Gefühle ist. Wir sprechen nämlich von der höchsten Küste der Welt. Die Aussicht über die Gegend ist atemberaubend und unglaublich abwechslungsreich. Du findest offenes Meer, tiefe Wälder und Berge, die den Namen auch verdienen.
Wenn du hier verweilst, hast du die Qual der Wahl, welchen Aktivitäten du frönen willst. Wandern, Radfahren, Angeln auf See oder in den Flüssen an der Küste sind nur einige Highlights. Besonders viel Spaß macht es, wenn du dabei die herzlichen Menschen der Höga Kusten kennenlernst. Empfehlenswert ist auch, das Archipel mit den Booten von Höga Kusten Turer (www.hogakustenturer.se) zu erkunden. Und am Abend genießt du eine Wurst am Lagerfeuer oder ein gediegenes Nachtessen in einem der vielen tollen Restaurants.
Offiziell geht die Küstenline der Höga Kusten von Sundsvall bis Örnsköldsvik, aber ehrlich gesagt, für mich ist Endstation erst in Umeå, wenn nicht gar weiter im Norden. Im Prinzip spielt es ja auch keine Rolle. Die Natur ist großartig, und zu entdecken gibt es alle Nase lang etwas.
Urbanes Umeå
Umeå ist eine Kultur- und Universitätsstadt. Mit knapp 130.000 Einwohnern, davon 30.000 Studierenden, ist Umeå die größte Stadt in Nordschweden. Hier verschmilzt die Sami-Tradition mit modernster Architektur, der nördlichsten Oper und viel Lebensfreude. In Umeå, der Stadt der Birken, ist immer was los. Im Sommer genießt man das Leben draußen auf verschiedenen Festivals, und im Winter kann man sich direkt vor der Haustüre sportlich betätigen. Von Umeå aus lassen sich bequem Ausflüge in die umliegende Region organisieren.
Das finnische Pendant
Was auf der schwedischen Seite die Höga Kusten und Umea ist, gibt es vis-à-vis in Finnland als »Pendant«. Die Stadt Vaasa ist gewachsen. Sowohl in der Breite als auch in der Höhe (8 mm pro Jahr). Der Effekt ist der gleiche wie bei der Höga Kusten. In 2.500 Jahren kann man zu Fuß von Vaasa nach Umeå spazieren. Auch Vaasa ist eine Universitätsstadt, ja, der Ort mit ca. 65.000 Einwohnern gilt gar als eine der wichtigsten Ausbildungsstätten in Finnland. Man kann es ahnen. Vaasa wurde vom schwedischen König Karl IX. Wasa im Jahre 1606 gegründet. Im Zentrum herrscht emsiges Treiben, und verschiedene Museen vermitteln Wissen über Kunst, Geschichte und regionale Begebenheiten. Auch von hier aus gibt es unzählige Möglichkeiten für Ausflüge und Aktivitäten im Umland.
Die Küste auf der finnischen Seite unterscheidet sich von der schwedischen. Statt bergig ist es hier eher hügelig, auch mit viel Wald, aber auch mit weiten Feldern. Man kommt in Versuchung zu sagen, dass die finnische Seite etwas urbaner ist als die schwedische. Auch die finnische Kvarken-Seite ist UNESCO-Welterbe. Hier kann man verschiedene tolle Orte wie Kristinestad, Kokkola oder Jakobstad entdecken. Diese Region, man spricht hier übrigens auch Schwedisch, hat unglaublich viel Charme. Die kleinen idyllischen Orte mit hohem Kulturreichtum laden zum Verweilen und Genießen ein. Auch wenn es an der finnischen Meerbusenküste recht fröhlich zu- und hergeht, findet man hier jederzeit Ruhe. Sehr nett ist auch die Stadt Seinäjoki. Hier kommt die finnische Mentalität schon eher zum Zug. Man spricht auch vorwiegend Finnisch.
Egal, welchen Ort du besuchst, du wirst von den verschiedenen kulturellen Aspekten der Region Kvarken begeistert sein. Informationen zur Region findest du auf der Webseite www.kvarkendestinations.com.
Die wahre Wildnis
Von Umeå aus kannst du nun weiter Richtung Norden fahren, oder du machst einen Abstecher nach Westen und gönnst dir ein richtiges Abenteuer. Das magische Wort heißt Vildmarksvägen. Auf 500 Kilometern teils Schotterstraße fährst durch die Wildnis Schwedens. Der Abenteuerweg beginnt in Strömsund und führt über das karge Fjällplateau Stekenjokk und endet in der Samistadt Vilhelmina. Du fährst dabei durch riesige Wälder, vorbei an tiefblauen Seen und über karge Pässe, die bis in den frühen Sommer noch Schnee haben. Mit etwas Aufmerksamkeit wirst du Bären, Elchen, aber sicher vielen Rentieren begegnen. In dieser Region lebt im Durchschnitt eine Person pro Quadratkilometer, du wirst dich also ganz bestimmt nicht über Dichtestress beklagen.
Nebst der einmaligen Natur und der vielfältigen Flora und Fauna kann ich dir einen Besuch im Bjurälvens Naturreservat und einen Abstecher in die Samisiedlung Fatmomakke wärmstens empfehlen. Ansonsten lässt du dich am besten treiben. Nimm dir genug Zeit und schau, dass dein Tank und die Lunch-Box immer gut gefüllt sind.
Weiter bis zur Mündung
Wenn du das Abenteuer Vildmarksvägen geschafft hast, oder wenn du nach deiner Umeå-Erkundung weiterwillst, dann kannst du dich einmal mehr an die E 4 halten. Etwa auf halbem Weg von Umeå nach Skellefteå findest du den Ort Lövånger. Mach hier einen Halt und besuch die bestens erhaltene Kirchenstadt (www.lovangerkyrkstad.se). Hier erfährst du viel über die Funktion der sogenannten Kirchenstädte. Das ist ein sehr interessantes Thema und eng mit der Geschichte von Nordschweden verknüpft. Ein weiteres sehr lohnendes Ausflugsziel ganz in der Nähe ist das Bjuröklubb Naturreservat. Geh bis zum Leuchtturm und genieße die Aussicht über den Bottnischen Meerbusen. (www.bjuroklubb.se)
In Skellefteå gibt es ebenfalls eine Kirchenstadt (www.bonnstan.se), dazu viel Gastronomie und im Sommer ein tolles Festival. In der warmen Jahreszeit spielt sich das Leben an der Strandpromenade des Skelefteälven ab. Auch Freunde gepflegter Museumsbesuche kommen in dieser Stadt nicht zu kurz.
Was für Skellefteå gilt, ist auch für Luleå richtig. Hier ist nicht Provinz. Oft vergisst man die Orte ganz im Norden Schwedens gerne mal. Zu Unrecht. Luleå hat zum Beispiel ein tolles Theater, hervorragende Restaurants und viele kulturelle Höhepunkte. Mein Shopping-Tipp ist Bjergo – ein Laden, in dem du selbstgemachte und regionale Lebensmittel, meist von Sami produziert, kaufen kannst. Natürlich stehen Produkte »aus Rentier« im Fokus. Du kannst hier auch Degustationen buchen (www.biergo.se).
Nun ist es nicht mehr weit bis nach Haparanda, dem Ort, an dem der Torne älv in den Bottnischen Meerbusen mündet. Auf der andern Flussseite ist Tornio und somit Finnland. Unsere Reise endet hier, deine muss es aber nicht. Fahr einfach weiter Richtung Norden zum Polarkreis oder biege rechts ab auf die finnische Seite des Kvarken Richtung Süden.
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