Text und Fotos: Cornelia und Sirko Trentsch / Erschienen im Nordis-Magazin 1/19
Unterwegs mit dem Van in Norwegen
Haben wir uns das wirklich gut überlegt? Diese Frage stellten wir uns bereits im Vorfeld unserer Reise. Und wir taten es noch öfter, als wir uns dem ersten Etappenziel, Elgå in der norwegischen Femundsmarka, nähern. Die Wetterprognosen hatten bereits eine besondere Wetterlage angekündigt, aber als die Anzeige für die Außentemperatur mit fast jedem Kilometer näher am Ziel tatsächlich ein halbes Grad weniger preisgibt, wird uns doch etwas mulmig. Minus 24 Grad sind es am Abend bei unserer Ankunft auf dem Campingplatz in Elgå schlussendlich. Tove, der freundliche Besitzer, zeigt uns unseren vom Schnee geräumten Stellplatz – dann sind wir auf uns gestellt. Noch ein Blick auf die Temperatur und wieder die Frage: Haben wir uns das gut überlegt? Das ist aber sicher nur die Angst vor der eigenen Courage, denn wir sind offensichtlich im Winterwunderland angekommen.
Am nächsten Morgen strahlt die tief stehende Sonne die vom Raureif bedeckten Bäume an und lockt uns trotz Kälte nach draußen. Warm angezogen starten wir mit unseren Langlauf-Skiern direkt vom Campingplatz aus in die Loipen am See Femunden entlang. Es ist eiskalt, aber trocken, und die Luft ist brillant klar. Ganz alleine fahren wir am Seeufer entlang und durch den Wald zurück in das Dorf Elgå.
Der Ort liegt idyllisch im Wald am Ende der norwegischen Straße FV 221 und zwischen dem See Femunden sowie dem Nationalpark Femundsmarka. Nur im Sommer wird die Ruhe und Abgeschiedenheit durch einige Touristen unterbrochen, die mit dem Schiff über den See kommen und im Nationalpark wandern. Im Herbst kehrt dann Ruhe ein, und im Winter sieht man sogar Rentiere durch das Dorf stolzieren.
Elgå – Die Nationalparkgemeinde
Der örtliche Kaufmannsladen ist hier das Zentrum und bietet alles, was wichtig ist: Dinge des täglichen Bedarfs, Diesel für die Autos und Schneemobile, einen warmen Kaffee und eine Ecke für die Einheimischen, wo man sich sogar zum Stricken trifft. Wir halten hier kurz auf unserer Rundtour, kaufen einige Dinge ein und fahren dann auf Skiern zurück zum Campingplatz am Dorfrand.
Am nächsten Tag schneit es stark. Ein Grund, unsere Planung für die weitere Tour flexibel anzupassen: Ursprünglich hatten wir angedacht, von hier aus über Schweden nach Røros (Norwegen) weiterzufahren. Die angekündigten weiteren starken Schneefälle und Verwehungen sprechen aber dagegen, zumal einige Pässe auf dieser Route liegen. Daher wählen wir doch lieber die weniger spektakuläre, aber sicherere Strecke an der Westseite des Sees Femunden in die UNESCO Weltkulturerbe-Stadt Røros.
Am Abend informieren wir noch den nächsten Campingplatz, dass wir zeitnah eintreffen. Am nächsten Tag kann es losgehen. Wir haben für diese Tour bewusst im Vorfeld recherchiert, welche Campingplätze in der Region ganzjährig geöffnet sind, und kündigen unsere Anreise auch jeweils vorab an. So können wir sicher sein, tatsächlich jemanden bei unserer Ankunft anzutreffen.
Røros – Wir kommen…
Ein Besuch in Røros ist für uns immer eine Reise in eine andere Welt und Zeit. Gerade im Winter, wenn man durch die verschneiten Gassen entlang der Holzhäuser in der Altstadt schlendert, hat man das Gefühl, durch ein Gemälde zu laufen.
Unser Campingplatz liegt in einem Nachbarort, in Os, etwa 10 Autominuten entfernt. Auch hier sind wir zumindest bei unserer Ankunft die einzigen Besucher und werden freundlich empfangen. Es schneit ununterbrochen und auch für den nächsten Tag sind weitere Schneefälle angekündigt. Also brechen wir auf, um im Schneegestöber durch Røros zu bummeln und es uns gemütlich zu machen. Ein traditioneller Anlaufpunkt ist die alteingesessene Bäckerei Trygestad in der Kjerkgata, etwas unterhalb der bekannten Kirche von Røros. Seit 1906 gibt es dort unglaublich leckere »Kanelsnurrer«, also Zimtschnecken, die wir bei einem warmen Kaffee genießen. Nach Einbruch der Dunkelheit wirkt die Stadt im Lichterglanz noch imposanter, und wir gehen hinauf zum Bergbaumuseum, das von längst vergangenen Tagen als Bergbaustadt zeugt. Hier bietet sich ein fantastisches Panorama über die Stadt. Anschließend gibt es noch leckere Pizza: In einer kleinen Filiale der Trygstad Bakeri, dem »Kaffehus«, etwa 100 Meter von der Hauptstraße entfernt im Henrichs Grønns Vei, kann man sich wochentags für attraktive Preise vom Pizzabuffet bedienen.
Am nächsten Morgen scheint die Sonne und strahlt den frischen Schnee an, dass man fast geblendet wird. Wir nehmen unsere Skier und fahren direkt vom Wohnmobil durch den Wald die frisch gespurte Loipe zur Hütte »Høsenfjellhytta«. Diese wird am Wochenende von einem lokalen Verein bewirtschaftet, und es gibt dann Kaffee und Waffeln. Wir sind aber in der Woche unterwegs und eher auf eine tolle Aussicht aus. Tatsächlich öffnet sich mit zunehmender Höhe die Sicht, und es bietet sich schon bald ein atemberaubendes Panorama.
Hundeschlitten – Rennen in Røros
Der kommende Tag ist für uns besonders spannend. Wir werden erstmals beim Start eines Hundeschlitten-Rennens dabei sein. Das populäre Rennen »Gruvløpet« ist die Qualifikation für den international renommierten Lauf »Femundløpet«, der ebenfalls jährlich hier in der Region ausgetragen wird. Auf einem zugefrorenen See in Røros nehmen bereits die ersten Gespanne Aufstellung. Es wird in verschiedenen Klassen gestartet und erst am nächsten Tag werden die Gespanne zurück erwartet. Umso mehr werden die Fahrer zum Start angefeuert und jubelnd in die Weiten der norwegischen Landschaft verabschiedet. Es ist erstaunlich zu sehen, wie schwer die Hunde zu halten sind. Und obwohl einige daher ihren Schlitten mit massiven Heringen bis zum Start fixieren, schaffen es die Hunde, mehr als einen Fehlstart zu produzieren. Ein eindrucksvolles Spektakel – und wir können uns nur schwer von dieser Szenerie trennen.
Jetzt sind wir umso mehr auf unsere eigene Tour mit dem Hundeschlitten gespannt, die wir bei einem der lokalen Anbieter gebucht haben. Wir verbringen das Wochenende bis dahin mit Eisangeln auf einem der vielen zugefrorenen Seen der Umgebung. Kai, ein junger Mann, der vor einigen Jahren aus Deutschland ausgewandert ist, erklärt uns, wie wir vorgehen müssen und hilft uns mit der nötigen Ausstattung, wie dem großen Eisbohrer, aus. Am Ende des Tages ist es aber wie so oft: Wir hatten eine traumhafte Zeit in einer unglaublich schönen Landschaft, aber nicht einen Fisch.
Später erreicht uns noch die Hiobsbotschaft, dass unsere Fahrt mit dem Hundeschlitten abgesagt werden muss. Die Hunde haben ebenfalls an dem Rennen teilgenommen und müssen sich dringend für das nächste große Event, das Rennen um den Femunden, erholen. Das können wir gut verstehen, nur, was machen wir jetzt? Da hilft uns Sandy, die Frau von Kai, aus der Patsche und organisiert uns kurzfristig eine Alternative. Jedenfalls sitzen wir am nächsten Morgen das erste Mal auf einem Hundeschlitten.
Unsere Tour mit einem Hundeschlitten
Matthieu, eigentlich Franzose, ist ambitionierter Hundeschlitten-Fahrer und trainiert hier aufgrund der guten Bedingungen mit seinen Hunden ebenfalls für das große Rennen. Er macht mit uns eine Tour durch die scheinbar endlose Weite der verschneiten Landschaften im Osten
Norwegens. Die Bäume rauschen an uns vorbei, der frische Schnee knirscht unter den Kufen und scheinbar gibt es nur uns und das Gespann. Die Hunde haben offensichtlich ihre Freude an dieser Ausfahrt und müssen von Matthieu nur gelenkt werden. Zurück in der Husky-Farm trinken wir in dem gemütlichen Blockhaus einen Kaffee aus dem Kessel im Lagerfeuer, wärmen uns auf und fühlen uns einfach gut.
Am Abend überraschen uns Kai und Sandy zum Abschied noch mit einer Fahrt im Pferdeschlitten durch ihre neue Heimatstadt. Auf diese Weise lernen wir Røros noch einmal aus einer ganz anderen Perspektive kennen. Traumhaft schön …! Mit einem anschließenden gemütlichen Abendessen im urigen Gasthaus »Peder Hiort Mathus« geht unser Aufenthalt in Røros zu Ende.
Am anderen Tag fahren wir weiter zum nächsten Ziel der Tour, dem kleinen Ort Stugudalen unterhalb des Gebirgsmassivs Sylan. Auf dem Campingplatz »Stugudal Camping« empfangen uns die Inhaber Kristin und Jomar mit offenen Armen und offensichtlich etwas verwundert, dass sich ausgerechnet zu dieser Zeit deutsche Besucher hierher »verirren«.
Mit dem Schneemobil durch die norwegische Winterlandschaft
Nach kurzer Zeit erfahren wir, dass Jomar im Winter eigentlich einen Schneemobil-Verleih betreibt und die Region in der Kommune Tydal aufgrund der vielen freigegebenen Loipen prädestiniert dafür ist. Perfekt! Wir schauen uns kurz an und sind uns einig: Übermorgen werden wir das erste Mal mit einem Schneemobil fahren. Nach einer kurzen Einweisung und einigen Proberunden auf dem Übungsplatz bietet sich Jomar an, mit uns in die Berge zu fahren.
Offensichtlich traut er unseren Fahrkünsten noch nicht so richtig … Als wir ihm durch die Wälder und schlussendlich über den zugefrorenen See Nesjøen folgen, fühlen wir uns unglaublich frei und könnten noch stundenlang so fahren. Am Seeufer stehen einige Fischerhütten aus Holz. Jomar hält an, öffnet eine der Hütten mit den Worten: »Hier könnt ihr euch erst einmal aufwärmen. Den Weg kennt ihr ja jetzt. Kommt dann einfach zum Son- nenuntergang zurück.« Wir erfahren, dass man bei ihm Touren-Pakete buchen und über Nacht hier oben in einer der Hütten bleiben kann. Das muss ein traumhaftes Erlebnis sein.
Es gibt Kaffee aus der Thermosflasche, und wir machen eine lange Pause. Im Licht der untergehenden Sonne geht es dann schließlich zurück. Die Berge werden bereits rot angestrahlt, und wir können dieses Gefühl kaum beschreiben. Aber wir wissen jetzt, wo das Winterwunderland ist …
Nach weiteren tollen Erlebnissen und Skitouren in Stugudalen geht unsere Tour viel zu schnell zu Ende. Über Trondheim fahren wir nach Lillehammer, wo wir an einem Abend noch den »Hunderfossen Vinterpark« besuchen. Dort wird den Besuchern an einigen Abenden im Februar eine imposante winterliche Show inklusive Feuerwerk geboten. Ein Erlebnis für die ganze Familie, was man während eines Aufenthalts in der Region mit einplanen sollte. Die jährlichen Termine findet man auf der Homepage des Parks.
Nach diesem kurzen Zwischenaufenthalt reisen wir weiter nach Oslo, von wo aus wir mit der Fähre nach Dänemark übersetzen. Die anfängliche Frage, ob wir uns das wirklich gut überlegt haben, stellt sich da längst nicht mehr. Vielmehr fragen wir uns: Wann geht es zurück in das Winterwunderland Norwegen?
ANREISE – entweder mit der Fähre von Deutschland oder Dänemark nach Göteborg (Schweden) und dann mit dem Auto weiter durch Schweden und über Trysil (Norwegen) in die Femundsmarka – alternativ mit der Fähre von Deutschland oder Dänemark über Oslo und dann mit dem Auto direkt durch Norwegen bis in die Femundsmarka (von Oslo etwa 5 – 6 Stunden Fahrzeit) ANBIETER DER AUFGEFÜHRTEN AKTIVITÄTEN Hundeschlitten-Safari: Alaskan Husky Tours (Narjordet/Os i Hedmark), Kontakt: frode@huskytour.no Pferdeschlittenfahrt in Røros: Zu buchen bei Visit Røros, www.roros.no/de Schneemobil-Verleih: Stugudal Snøscooterutleie, Kontakt: Jomar Grytbakk über www.stugudalsnoscooterutleie.no Vinterpark Hunderfossen: Informationen und Termine über die Homepage des Parks Hunderfossen, https://www.hunderfossen.no/attraksjoner/ vinterparken CAMPINGPLÄTZE AUF DIESER TOUR Elgå (Femundsmarka): http://batstocamping.no Os (Hedmark bei Røros): http://www.rostecamping.no Stugudalen (Stugudal Camping): https://stugudalcamping.no Hunderfossen Camping bei Lillehammer: http://hunderfossen-camping.no EMPFOHLENE RESTAURANTS UND EINKEHRMÖGLICHKEITEN Peder Hiort Mathus in Røros Trygstad Bakeri Røros Trygstad Kaffehus Røros Hotel und Restaurant Vektarstua Stugudalen TIPPS FÜR WINTERCAMPING IN NORWEGEN – Vorab Campingplätze aussuchen und anschreiben – Diesel erst in Schweden oder Norwe- gen volltanken, da dieser Polardiesel besser für extreme Temperaturen ausgelegt ist – Elektrische Zusatzheizung, wie zum Beispiel einen Keramiklüfter, mitnehmen – Schneeketten, Decken und Spaten sowie weitere Winterausrüstung gehören an Bord – Wenig im Wohnmobil kochen, um unnötiges Kondenswasser zu vermeiden – Isoliermatten für die Scheiben mitnehmen Weitere Tipps findest du in diesem Beitrag mit allen Erfahrungen und Informationen zum Wintercamping in Skandinavien. |
Weitere spannende Geschichten, den ausführlichen Roadtrip und viele weitere Tipps gibt es auf unserer Homepage www.nordlandblog.de
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