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Nordische Filmtage 2021 – 5 Fragen an Thomas Hailer

© Alex Janetzko

Thomas Hailer ist künstlerischer Leiter der Nordischen Filmtage in Lübeck.

Sie sind nun seit Anfang des Jahres Künstlerischer Leiter der Nordischen Filmtage Lübeck. Was genau hat sie an diesem Festival interessiert?

Das Festival hat mit seinem Fokus auf die acht nordischen Länder ein klares Profil. Es begeistert seit über sechzig Jahren diese hochinteressante Mischung aus lokalem Publikum und nationalen wie internationalen Fachbesucher:innen. Ich bin seit langem Fan und mag eigentlich alles an den Nordischen Filmtagen: die sorgsam kuratierten  Spiel- und Dokumentarfilmwettbewerbe, das radikale Kurzfilmprogramm, die kleine aber feine Serienauswahl und das „Filmforum“ mit dem Besten, was Hamburg und Schleswig-Holstein an neuen Filmproduktionen zu bieten haben. Von großer Wichtigkeit ist die renommierte Kinder- und Jugendsektion mit ihren zahlreichen Möglichkeiten der Beteiligung, hier wird alles dafür getan, dass das junge Publikum unvergessliche Kinoerfahrungen sammeln kann. Ein nachhaltiges Konzept!

Der besondere Fokus der Nordischen Filmtage  liegt auf Filmen aus dem Norden und Nordosten Europas. Was macht für Sie den Reiz von Filmen aus diesen Ländern aus?

Da gibt es viele Gründe. Jedes der vertretenen Länder hat auf seine Weise Kinogeschichte geschrieben. Von der Stummfilmära über die Erneuerung des Kinos in den sechziger Jahren bis heute kamen aus diesem Teil Europas immer interessante Impulse. Carl Theodor Dreyer, Mauritz Stiller, Ingmar Bergman, die Reihe lässt sich beliebig fortsetzen. Die große Liv Ullmann ist Ehrenpräsidentin des Festivals und eigentlich waren im Lauf der Jahre alle bedeutenden Namen hier vertreten. Mich fasziniert die Unterschiedlichkeit der Handschriften. Die soziale Genauigkeit bei Susanne Bier, der zärtliche Minimalismus von Aki Kaurismäki, die gnadenlose Radikalität eines Lars von Trier. Und immer geht es ums große Ganze, um die existentiellen Fragen. Was macht uns eigentlich aus? Diesen Fragen stellen sich die Filme aus dieser Region mit immer wieder neuen und überraschenden visuellen Strategien.

Die Filmtage sind als hybride Veranstaltung in den Kinos und online geplant. Welche Herausforderungen haben Sie in diesem erneut speziellen Jahr zu meistern?

© Wolf-Dietrich Turné

Die hybride Planung erhöht natürlich den Organisationsaufwand. Andererseits konnten wir im letzten Jahr durch das Angebot, Filme auch online zu sehen, unseren Radius deutlich erweitern. Es gab nach dem ausschließlich digitalen Festival 2020 begeisterte Rückmeldungen von Fans des Nordischen Kinos, die es sehr genossen haben, auf diese Weise am Festival teilzunehmen und hoffen, dass das weiterhin angeboten wird. Wir müssen schauen, wie sich das weiterentwickelt. Je deutlicher sich die Kinosituation normalisiert, desto stärker sinkt die Bereitschaft von Verleihfirmen, ihre Filme für das Streaming zur Verfügung zu stellen. Aber in diesem Übergangsjahr gibt es auf jeden Fall noch eine schöne Auswahl an Filmen auf unserer VOD Plattform zu sehen.

Zum Festival sind auch immer Gäste und Filmschaffende eingeladen, um über ihre Filme zu sprechen. Wen dürfen die Besucher:innen hier erwarten?

Den Filmemacher:innen scheint es genauso zu gehen, wie uns, sie freuen sich auf das spezielle Flair der Nordischen Filmtage mit ihrem filmverrückten Publikum, den kundig moderierten Filmgesprächen und den zahlreichen Begegnungen in dieser wunderschönen Stadt. Zum Eröffnungsfilm kommt natürlich Regisseur Hannes Þór Halldórsson, den manche auch als ehemaligen Keeper der isländischen Nationalmannschaft kennen, und bringt seinen Schauspieler Sverrir Þór Sverrisson mit. Darüber hinaus freuen wir uns sehr auf den Besuch der dänischen Schauspielerin Trine Dyrholm, der die Nordischen Filmtage dieses Jahr eine Hommage mit fünf Filmen widmen. Als Laudatorin wird die Regisseurin Annette K. Olesen hier sein und auch ihren Film „Little Soldier“ im Rahmen der Hommage präsentieren. Wir freuen uns auf Alma Pöysti, die unwiderstehliche Darstellerin der „Tove“, auf ihre Regissseurin Zaida Bergroth und natürlich auf Bent Hamer, der hier mit fast allen seiner Filme hier vertreten und mit einigen Preisen ausgezeichnet wurde. Und wie man es in Lübeck gewohnt ist werden auch viele Regisseurinnen und Regisseure, die am Anfang ihrer Karriere stehen und die internationale Bühne gerade erst betreten, zu Gast sein, wie zum Beispiel Ninja Thyberg, Tea Lindeburg und Itonje Søimer Guttormsen. Namen die man sich merken sollte.

Auf welche persönlichen Highlights im Programm freuen Sie sich besonders?

Im Rahmen unserer Retro wird der Stummfilm „Die Wallfahrt nach Kevelaer“ von 1929 in der Kirche St. Jakobi aufgeführt. Musikalisch wird das Werk von einem Ensemble der Musikhochschule begleitet, das unter anderem die vier (!) Orgeln dieser alten Seefahrerkirche zum Klingen bringen wird. Ein im wahrsten Sinne einmaliges Erlebnis, wie es eben nur ein Festival bieten kann.

Das gesamte Programm ist ab dem 13.10.2021 online auf www.nordische-filmtage.de zu finden. Der VVK beginnt am 30.10.2021.

Titelbild: © Olaf Malzahn
Text: Nordische Filmtage Lübeck

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